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Stillgelegt. In den 2030er Jahren will Japan aus der Atomenergie aussteigen.

© dapd

Atomkraft in Japan: Dem Ausstieg näher

Die japanische Regierung hat angekündigt, das Land werde langfristig aus der Atomenergie aussteigen. Welches Signal geht von dieser Entscheidung aus?

Ein Regierungsausschuss hat die Energiestrategie des Landes nach der Atomkatastrophe von Fukushima am 11. März 2011 überarbeitet. Nun hat die japanische Regierung angekündigt, in den 2030er Jahren aus der Atomenergie auszusteigen. Vor dem Erdbeben und dem Tsunami deckte Japan ein Drittel seines Stromverbrauchs mit Atomenergie, in diesem Jahr lag der Anteil zwei Monate lang bei null. Aktuell sind in dem Land zwei von insgesamt 54 Reaktoren in Betrieb. Premier Noda ordnete die Wiederinbetriebnahme zweier Anlagen in Oi an, um Stromausfälle im Sommer zu vermeiden.

Anfang 2011 wollte Japan seinen Atomstromanteil noch auf 50 Prozent erhöhen. Doch seit Fukushima hat sich in Japan eine kleine, aber offenbar wirkungsvolle Anti-Atomkraft-Bewegung gebildet. In der Bevölkerung ist die Mehrheit inzwischen für ein Ende der Atomstromnutzung. Das Regierungspapier, das Premierminister Yoshihiko Noda am Freitag vorstellte, enthält keinen konkreten Ausstiegsplan. Es ist lediglich die Rede davon, dass die Betriebserlaubnis für Atomkraftwerke nach 40 Jahren enden soll. Das würde faktisch bedeuten, dass in den Jahren zwischen 2030 und 2040 immer mehr Reaktoren das Ende ihrer Betriebserlaubnis erreichen würden und vom Netz genommen werden müssten.

Die Energiestrategie sieht vor, dass der Energieverbrauch Japans bis 2030 um zehn Prozent im Vergleich zu 2010 sinken soll. Zudem soll der Ausbau erneuerbarer Energien in Gang kommen. Bisher machen sie im japanischen Energiemix weniger als zehn Prozent aus. Bis 2030 sollen sie 30 Prozent des Stroms liefern.

Weiter ins Detail geht die Strategie aber bisher nicht. Deshalb sagte Takeo Kikkawa, Professor an der Hitotsubashi Universität und Mitglied eines Beratungsgremiums für die Energiestrategie, der „Japan Times“: „Ich denke, die DPJ (Demokratische Partei) wollte nur ein Null-Ziel, weil eine Parlamentswahl bevorsteht.“ Tatsächlich hatte der atomfreundliche Noda vor einem guten Monat eine vorgezogene Wahl des Unterhauses angekündigt. In den Umfragen steht die DPJ schlecht da. Sollte die langjährige liberale Regierungspartei LDP die Wahl gewinnen, könnte sie den Regierungsbeschluss sofort wieder rückgängig machen. Die LDP ist noch enger mit der Atomindustrie verstrickt als die DJP.

Wie wenig durchdacht die Energiestrategie bisher ist, zeigt sich auch daran, dass die Regierung an ihrem Wiederaufarbeitungsprogramm für verbrauchte Brennelemente festhalten will. Der Hintergrund dafür ist eine akute Atommüllkrise in Japan. Das Land wollte stets den nuklearen Kreislauf schließen. Deshalb wurde in Rokkasho in der Präfektur Aomori eine Wiederaufarbeitungsfabrik gebaut. Auf dem Gelände der Atomkraftwerke gibt es in der Regel lediglich Abklingbecken, in denen die Brennelemente so lange an Aktivität verlieren, bis sie verpackt werden können.

Einige Anlagen verfügen zumindest über schlecht gesicherte oberirdische Zwischenlager, die meisten aber nicht. Der Atommüll wurde deshalb nach Rokkasho transportiert, sollte dort aufbereitet werden und dann in Form von sogenannten MOX-Brennelementen, die auch Plutonium enthalten, erneut zum Einsatz kommen. Die Kapazität in der störungsanfälligen Fabrik in Rokkasho hat aber nie ausgereicht, um die gewaltigen Atommüllmengen zu verarbeiten. Deshalb wurden auch Brennelemente in Großbritannien und Frankreich aufgearbeitet. Der dabei anfallende Müll wurde verglast und nach Japan zurückgeschickt. Er lagert nun in einer Halle in Rokkasho. Die Präfektur Aomori hat der Regierung damit gedroht, den Atommüll zu den Anlagen im ganzen Land zurückzuschicken, falls sie die Wiederaufarbeitung aufgeben sollte. Deshalb hat die Regierung Noda beschlossen, das Programm einfach fortzuführen.

Wie ernst es der Regierung mit ihrem Atomausstieg ist, wird der Ausgang der nächsten Wahl zeigen.

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