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© pa/dpa

Atommüll: Endlager per Volksabstimmung

Die Schweiz hat aus deutschen Fehlern und Vorarbeiten gelernt – und bezieht beim Thema Atommüll die Bevölkerung aktiv ein.

Berlin - Walter Steinmann hat die erste Etappe eines politischen Marathonlaufes geschafft. Der Chef des schweizerischen Bundesamts für Energie (BFE) wird in den kommenden drei Monaten seine „Turnhallentauglichkeit“ unter Beweis stellen müssen. Ende vergangener Woche hat das Eidgenössische Nuklearsicherheitsinspektorat (Ensi) bestätigt, dass die sechs von der Nationalen Genossenschaft für die Lagerung radioaktiver Abfälle (Nagra) vorgeschlagenen Standorte für den Bau von Atomendlagern geeignet sind. Nun beginnt die Anhörung an jedem der überwiegend nahe an der deutschen Grenze gelegenen Standorte – und auch die deutschen Anlieger sind in die Debatte einbezogen.

Seit Ende 2008 sind die sechs Regionen, in denen womöglich in zehn bis 15 Jahren ein Atomendlager gebaut werden könnte, bekannt. Drei davon sind auch für die Tiefenlagerung von hochradioaktiven Abfällen geeignet, an den anderen drei könnten dagegen nur Endlager für schwach- und mittelradioaktive Abfälle gebaut werden. Begeisterung erwartet Walter Steinmann nicht. Aber bisher ist es nicht zu großen Protestkundgebungen gekommen. Das hat nach Steinmanns Einschätzung damit zu tun, dass die Bevölkerung von Anfang an ausführlich über das Verfahren informiert worden ist. Zudem sei von Anfang an klar gewesen, wie die Öffentlichkeit am Verfahren beteiligt werden wird. Und ganz am Ende, nach Steinmanns Einschätzung zwischen 2018 und 2020, wird die ganze Schweiz bei einer Volksabstimmung über den Endlagerstandort abstimmen.

In Deutschland ist das anders gelaufen. Der Standort Gorleben ist, wie Dokumente aus den frühen achtziger Jahren belegen, von der Regierung Helmut Kohls (CDU) eher aus politischen denn physikalischen oder geologischen Erwägungen ausgewählt worden. Die schwarz-gelbe Regierung will in diesem Jahr die Erkundung in Gorleben ungeachtet der Mängel bei der Standortsuche wiederaufnehmen – und die Anti-Atombewegung hat schon angekündigt, ihr dieses Vorhaben so ungemütlich wie möglich zu machen. Dagegen hat sich das BFE in der Schweiz die Ergebnisse des noch vom früheren Bundesumweltminister Jürgen Trittin (Grüne) eingesetzten Arbeitskreises Endlager (Ak End) genau angeschaut und daraus ein Verfahren erarbeitet, wie die Schweiz zu einem Atomendlager kommen könnte.

Für Walter Steinmann ist klar, dass die Folgen der Atomenergienutzung in der Schweiz beseitigt werden müssen. So steht das auch im dortigen Atomgesetz. Das Lager, das nun geplant werden soll, reicht aus, um den Atommüll zu lagern, der bis zum Ende der Laufzeit der Schweizer AKW angefallen sein wird. Derzeit wird in der Schweiz allerdings auch darüber diskutiert, an der Atomkraft festzuhalten und neue Kraftwerke zu bauen. In den kommenden zehn Jahren werden drei AKW mit einer Leistung von 300 Megawatt vom Netz gehen. Für den neu anfallenden Atommüll müsste dann ein neues Endlager gesucht oder entschieden werden, das dann bestehende zu erweitern, falls die Gegebenheiten das hergeben. Entschieden ist aber auch in der Frage des Atomkraftwerksneubaus noch nichts. Denn die Schweizer können 2013 oder 2014 in einer Volksabstimmung über jeden der drei Standorte abstimmen. Frühestens 2025 oder 2026 könnten neue AKW ans Netz gehen. Ohne Entsorgungskonzept wären sie nicht genehmigungsfähig.

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