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Atommüll: Es plätschert auch im Salzstock Gorleben

Nach Berichten über Laugenzuflüsse sehen Grüne und Umweltschützer ihre Warnung bestätigt, dass das Endlager ungeeignet sei.

Die Schachtanlage Asse firmierte bis zum Betreiberwechsel im Januar offiziell als Forschungsbergwerk. Hier sollte im Hinblick auf ein späteres Endlager Gorleben das Verbuddeln radioaktiver Abfälle in Salz geprobt werden. Als im vergangenen Jahr die Pannen und Pfuschereien in der Asse bekannt wurden und das ganze Bergwerk einzustürzen und vollzulaufen drohte, beeilten sich viele Politiker, auf die Unterschiede zwischen beiden Standorten hinzuweisen. Die Asse sei früher als Salzbergwerk genutzt worden und deshalb löchrig, der kommerziell nicht genutzte Salzstock Gorleben aber intakt, argumentierte beispielsweise die stellvertretende Unions-Fraktionsvorsitzende im Bundestag, Katherina Reiche.

Doch offenbar gibt es auch bedrohliche Parallelen. Wie am Wochenende bekannt wurde, plätschert es auch in Gorleben kräftig. Obwohl der Salzstock stets als trocken bezeichnet werde, seien dort mindestens 160 000 Liter Lauge zugeflossen, sagte der niedersächsische Grünen-Fraktionschef Stefan Wenzel am Sonntag dem Tagesspiegel. Der Umweltausschuss des Landtags, dessen Vorsitzender Wenzel ist, fordert deshalb eine vollständige Liste und eine Analyse aller Laugenzuflüsse seit Beginn der Erkundung des Salzstocks.

Der in Bremen erscheinende „Weser Kurier“ hatte in seiner Samstagsausgabe über Laugenzuflüsse in Gorleben berichtet und sich auch auf Angaben des Bundesamtes für Strahlenschutz (BfS) und des niedersächsischen Umweltministeriums berufen. Das Ministerium betonte allerdings, die Zuflüsse seien nicht mit denen in der Asse vergleichbar. In Gorleben dringe das Wasser nicht von außen ein, es handele sich vielmehr um Millionen Jahre alte Laugen fossiler Herkunft. Das Bundesamt für Strahlenschutz bezeichnete die Flüssigkeiten in Gorleben als Formationswässer – Reste eines vor 240 Millionen Jahren gebildeten Zechsteinmeeres.

Die Bürgerinitiative (BI) Umweltschutz Lüchow-Dannenberg berichtete am Sonntag, das Abteufen der beiden Schächte im Gorlebener Erkundungsbergwerk sei bis Mitte der 1990er Jahre „von permanenten Laugenzuflüssen begleitet“ gewesen. Die Bauarbeiten hätten unterbrochen werden müssen, „weil der Schacht nass war“, sagte BI-Sprecher Wolfgang Ehmke. Zwischen März und Dezember 1996 wurden nach seinen Angaben bei horizontalen Bohrungen in 840 Meter Tiefe Laugennester angebohrt. Der Kieler Geologie-Professor Klaus Duphorn, ursprünglich ein Befürworter des Endlagerstandortes Gorleben, hielt es daraufhin für „erwiesen, dass der Salzstock nicht geeignet ist“.

Im Atommülllager Asse seien die Laugenzuflüsse „der Anfang vom Ende“ gewesen, sagte Grünen-Politiker Wenzel. „Wir müssen aus den Fehlern lernen, die in der Asse gemacht wurden. Die Parallelen zwischen beiden Salzstöcken müssen nun benannt und aufgearbeitet werden“, sagte er.

Gorleben gilt als wahrscheinlichster Standort für ein Endlager für hochradioaktiven Atommüll. Der Salzstock wird seit Ende der 1970er Jahre untersucht. Im Jahr 2000 wurden die Arbeiten unterbrochen, das Moratorium gilt für höchstens zehn Jahre. Während die Energiewirtschaft, Union und FDP auf eine Fortsetzung der Arbeiten drängen, wollen SPD und Grüne auch andere Standorte prüfen lassen. Der Atomkomplex im Gorlebener Wald besteht außer dem Erkundungsbergwerk aus zwei Zwischenlagern und einer Reparaturfabrik für defekte Atommüllbehälter.

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