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Atomprogramm: EU warnt Iran vor Neustart

Fünf Tage vor der Vereidigung des neuen Präsidenten Ahmadinedschad hat Iran die UN- Atombehörde über die Wiederaufnahme seines umstrittenen Atomprogramms unterrichtet. Europäische Diplomaten sprechen von einer "krisenhaften Entwicklung".

Teheran/Wien/Brüssel (01.08.2005, 22:43 Uhr) - Der Internationalen Atomenergieorganisation (IAEO) wurde ein Schreiben übergeben, wonach Iran seine Aktivitäten im Atomforschungszentrum von Isfahan von sofort an wieder aufnehmen will. Bis zum Abend wurden jedoch die im Dezember an der Atomanlage angebrachten Siegel nicht entfernt.

In Isfahan hatten iranische Techniker bis zur Unterzeichnung eines Abkommens mit der Europäischer Union (EU) im November 2004 das hochgiftige Gas Uranhexafluorid hergestellt, eine Voraussetzung für die Urananreicherung in Gaszentrifugen.

Kurz vor der Übergabe des Schreibens an die IAEO hatte Teheran die Europäer noch ultimativ aufgefordert, noch am selben Tag ihre Vorschläge für ein umfassendes politisches und wirtschaftliches Abkommen mit Iran vorzulegen. Das so genannte EU-Trio - Deutschland, Frankreich und Großbritannien blieb jedoch dabei, seine Vorschläge erst «in den nächsten Tagen» übermitteln. Die Drohung Irans löste unter den europäischen Verhandlungspartnern Teherans - Deutschland, Frankreich und Großbritannien - intensive diplomatische Aktivitäten aus. Bundesaußenminister Joschka Fischer telefonierte zwei Mal mit IAEO-Chef Mohammed al Baradei.

Frankreich bezeichnete den Druck der iranischen Regierung am Montag als «völlig inakzeptabel». Europäische Diplomaten in Wien sprachen von einer «krisenhaften Entwicklung», falls Teheran sein Atomprogramm wieder aufnehme. Allerdings wolle man zunächst abwarten, wie weit Teheran gehen werde. Bei der EU in Brüssel zeigte man sich «überrascht» von dem iranischen Schritt. In Berlin hatte Außenamtssprecher Jens Plötner am Mittag erklärt, die Wiederaufnahme des Atomprogramms durch Teheran wäre «ein Schritt in die falsche Richtung». Außenminister Fischer hatte bereits am Wochenende vor einer «Fehlkalkulation» Irans gewarnt.

IAEO-Chef Al Baradei forderte Iran am Nachmittag auf, «den Verhandlungsprozess mit dem EU-Trio fortzusetzen und keine Schritte zu unternehmen, die den Prozess in dieser kritischen Phase gefährden könnten». Russland, das Iran Nukleartechnologie und -brennstoff liefert, drängte die Teheraner Führung, auf vorschnelle Schritte zu verzichten und stattdessen weiter den Dialog mit der IAEO suchen.

Die Entscheidung Teherans folgte einem Streit mit Deutschland, Frankreich und Großbritannien am Wochenende über den genauen Zeitpunkt der Fortsetzung der im Juni ausgesetzten Atomgespräche mit Iran. Das EU-Trio will Teheran mit einem ganzen Katalog von Angeboten zur Verbesserung der politischen und wirtschaftlichen Zusammenarbeit zum endgültigen Verzicht auf die umstrittene Urananreicherung bewegen. Dem Vernehmen nach will die EU Teheran unter anderem die Belieferung mit nuklearem Brennstoff für seine geplanten Atomkraftwerke garantieren.

Der stellvertretende Chef der iranischen Atombehörde, Mohammed Saiidi, sagte jedoch am Montag, man habe nicht erst auf die Vorschläge der EU gewartet, weil die Union Irans «Hauptforderung nach einer Wiederaufnahme der Urananreicherung sowieso nicht akzeptieren» werde. Teheran hatte sich im November 2004 im Pariser Abkommen mit der EU zum vorläufigen Verzicht auf die Anreicherung von Uran bereit erklärt. Hoch angereichertes Uran kann zum Bau von Atomwaffen verwendet werden. Vor allem die USA unterstellen Teheran geheime Pläne zum Bau von Atomwaffen.

Die EU warnte Iran davor, die Arbeiten zur Urananreicherung wieder aufzunehmen. In diesem Fall werde Brüssel zusammen mit den USA dafür plädieren, den Fall Iran an den UN-Sicherheitsrat zu verweisen, wo Teheran mit Sanktionen belegt werden könnte. (tso)

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