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Genf war historisch - so ähnliches schreibt es diese iranische Tagszeitung in Teheran.

© dpa

Atomstreit: Amerikanische Sorgen und iranisches Selbstbewusstsein

Beim "Berliner Forum Außenpolitik" der Körber-Stiftung trifft eine harsche Kritikerin der Einigung im Atomstreit auf Irans Ex-Botschafter in Deutschland. Und sie sind gar nicht einer Meinung.

Nein, Danielle Pletka ist nicht überzeugt von der Einigung im Atomstreit, die am Wochenende in Genf mit dem Iran zustande gekommen ist. Im Gegenteil, "sehr, sehr besorgt" ist die Vizepräsidentin des American Enterprise Institute (AEI). Ihrer Ansicht nach hat der Iran bei der Vereinbarung deutlich mehr bekommen, als er gegeben hat. Er reichert weiter Uran an, seine Rolle in der Region wird gestärkt und die Gefahr, wie sie beispielsweise vom konventionellen Raketenprogramm des Landes für dessen Nachbarn ausgeht, bleibe unvermindert hoch.

Das AEI ist ein konservativer amerikanischer Thinktank, und Pletka bringt auf den Punkt, was gerade in den USA Gegner der Vereinbarung mit Teheran umtreibt. Kritisch beobachtet wird sie bei ihren zuweilen spitzzüngigen Ausführungen von Hossein Mousavian, einst Irans Botschafter in Deutschland und derzeit Gastwissenschaftler an der Princeton University. Der Vertraute von Präsident Hassan Ruhani sieht anders als Pletka jetzt eine "Win-Win-Situation" für alle Beteiligten. Eine Haltung, die Ruprecht Polenz, lange Jahre der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses im Bundestag, teilt.

Zehn Jahre Streit

Der CDU-Politiker sitzt diplomatisch zwischen den beiden Kontrahenten, und so hat die Körber-Stiftung eine sehr aktuelle sowie kundige Runde für das Auftaktpanel ihres dritten "Berliner Forum Außenpolitik" auf das Podium geladen. Auch wenn Mousavian betont, dass er nicht der Sprecher der iranischen Regierung ist, versucht er, die iranische Lesart der Ereignisse inklusive der Folgen für die Zukunft entsprechend in den Fokus zu rücken.

Nach zehn Jahren Streit darüber, ob Irans Atomprogramm nur rein friedlichen Zwecken dient oder nicht, haben sich die fünf Vetomächte im UN-Sicherheitsrat (USA, Russland, China, Frankreich, Großbritannien) und Deutschland mit Teheran auf ein erstes Abkommen geeinigt, das beinhaltet, dass der Iran unter anderem Uran nicht mehr auf 20, sondern höchstens auf fünf Prozent anreichert, "volle Transparenz" (Mousavian) zusichert und der Internationalen Atomenergieorganisation (IAEO) ungehinderten Zugang zu den entsprechenden Anlagen gewährt. Im Gegenzug wird ein Teil der Sanktionen gelockert, die inzwischen verheerende Auswirkungen auf die iranische Wirtschaft haben.

Iran fürchtet vor allem Al Qaida

Mousavian weist die Vorstellung, die Sanktionen hätten den Weg zur Einigung gebahnt, weit zurück. Der wichtigste Grund ist seiner Ansicht nach der "Wechsel in der US-Position" von "keine Anreicherung" hin zu "keine iranische Bombe". Und damit habe der "Iran ohnehin nie ein Problem" gehabt. Also ist Washington jetzt zur Vernunft gekommen und auf die - schon seit 2003 bestehende - iranische Linie eingeschwenkt? Der frühere Spitzendiplomat sagt das nicht direkt, aber Danielle Pletka versteht es trotzdem. Und dürfte sogar mit dem Iraner übereinstimmen - auch nach ihrer Interpretation hat sich die iranische Seite kaum bewegt. Die "Obama-Administration" dagegen verstehe möglicherweise nicht so genau wie die direkten Nachbarstaaten, was für eine Bedrohung vom Iran ausgehe, kritisiert sie die eigene Regierung.

Die wiederum hat, das verbreitet jetzt Mousavian noch einmal gerne, seit rund zwei Jahren, also bereits unter dem populistischen Präsidenten und Holocaust-Leugner Mahmud Ahmadienschad mit dem Iran bilateral in Oman gesprochen. Ein weiterer Grund dafür, weshalb jetzt die Einigung zustande gekommen sei.

"Objektive Sicherheit" als Ziel

Doch noch ist diese Einigung nur ein erster Schritt. Das Ziel muss "objektive Sicherheit" sein, dass das iranische Atomprogramm friedlich bleibt, daran erinnert noch einmal Ruprecht Polenz. Und er verweist auf die weiteren Erwartungen, die sich an den Iran als Akteur in der Region richten. Hisbollah, Israel und nicht zuletzt Syrien, vom Iran wird eine konstruktive Rolle erhofft und erwartet. Ob die beispielsweise bei der in Genf geplanten internationalen Syrien-Konferenz so kommen wird, bleibt abzuwarten.

Mousavian jedenfalls betont, dass für den Iran an aller erster Stelle um die Verständigung mit den Nachbarstaaten geht. Der Iran, mit rund 78 Millionen Einwohnern das bei weitem bevölkerungsreichste Land in der Region, könne "sich nicht klein machen", sagt Mousavian. Aber man könne eine regionale Kooperation voranbringen, so wie sie in der Europäischen Union bestehe.

Iran will mit Respekt behandelt werden

Was die Lage in Syrien betrifft - wo die vom Iran gestützte Hisbollah an der Seite des Assad-Regimes kämpft - bleibt der Diplomat vage. Die Frage, wie es mit Assad weitergehe, sei doch wohl eine Angelegenheit des syrischen Volkes, nicht aber der internationalen Gemeinschaft. Die wahre Bedrohung, sowohl für Saudi-Arabien als auch für den Iran oder Europa, sei der Al-Qaida-Terror, der sich nicht mehr nur in Afghanistan, sondern jetzt auch in Syrien ausbreite. Syrien sei heute der Himmel für diese Terroristen, warnt er.

Was weitere Annäherungen erleichtern würde? Polenz erinnert Mousavian an ein Anliegen Teherans: Der Iran will "mit Respekt behandelt werden". Nun, da könne Gegenseitigkeit helfen. Wenn beispielsweise die USA und Israel nach den Freitagsgebeten nicht mehr als großer Satan oder anderweitig beschimpft würden.

Bis echtes Vertrauen unter den Beteiligten herrscht, wird es noch dauern.

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