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Atomstreit: Fünf vor zwölf für Iran?

Westliche Geheimdienste sehen einen amerikanisch-israelischen Militärschlag gegen das iranische Atomzentrum von Natans näher rücken. Das ließ ein hochrangiger Angehöriger des CIA in Washington jetzt durchblicken.

Washington/Jerusalem - Ein Vertreter des israelischen Geheimdienstes Mossad äußerte in Jerusalem die Erwartung, dass es sich "um eine kurze Einsatzdauer handeln" würde.

Die Welt horchte auf, als der Chef der Internationalen Atomenergiebehörde in Wien (IAEA), Mohammed al-Baradei, auch Gewaltanwendung im Iran nicht ausschloss, um das Land zur völligen Offenlegung seines Atomprogramms zu zwingen. Baradei, der einst die USA vor dem Angriff auf den Irak warnte, hatte gesagt: "Diplomatie ist nicht nur Reden. Diplomatie braucht auch Druckmittel, und in extremen Fällen Gewalt".

Baradei hat schon seit Jahren versucht, hinter das trickreiche Spiel des Mullah-Regimes zum möglichen Bau einer Atombombe zu kommen. Der Friedensnobelpreisträger von 2005, der als zurückhaltend und besonnen gilt, äußerte die Befürchtung, Teheran sei nur noch Monate vom Besitz einer Nuklearwaffe entfernt.

Vom Mossad wurde darauf hingewiesen, wie der israelische Premier Ariel Scharon im letzten Interview vor seinem schweren Schlaganfall nicht hinter dem Berg gehalten habe, dass schon in wenigen Monaten die Zeit zum Handeln kommen könnte. Der kritische Punkt sei nicht erst dann erreicht, wenn der Iran eine Atombombe fertig gebaut habe, sondern wenn er die technologischen Fähigkeiten besitze, eine solche Bombe zu bauen. Der amtierende Regierungschef Ehud Olmert erklärte, ohne direkt Iran zu nennen: "Wir können niemals zulassen, dass jemand mit irrationalen Absichten eine Atomwaffe besitzt".

1981 hatten israelische Kampfflugzeuge den irakischen Kernreaktor Osirak in der Nähe von Bagdad zerstört, bevor er in Betrieb genommen werden konnte. Er war für den Bau einer Atombombe gedacht, mit der Israel nach Aussage von Saddam Hussein "ausgelöscht" werden sollte. Der neue iranische Staatspräsident Mahmud Ahmadinedschad hat Israel das Gleiche angedroht. Mit der Wiederaufnahme der Urananreicherung in Natans, die zur Herstellung einer Atomwaffe führen kann, hat Iran auch nach Ansicht der Bundesregierung die "rote Linie" überschritten.

In Washington war aus CIA-Kreisen zu hören, dass amerikanische und israelische Kommandos seit geraumer Zeit den "gezielten Einsatz" auf die Atomanlage in Natans "in allen Einzelheiten" geübt haben. Es werde nach dem "traumatischen Fehlschlag" der Amerikaner vor 26 Jahren zur Befreiung von 53 US-Geiseln in der US-Botschaft von Teheran nicht an den Einsatz von Bodentruppen gedacht. Damals waren Hubschrauber vom Flugzeugträger Nimitz im Arabischen Meer und Herkules-Transportmaschinen von einem ägyptischen Stützpunkt aus mit 180 Soldaten zum Bodeneinsatz in Iran eingeflogen. Das Unternehmen "Blaulicht" zur Befreiung der Geiseln scheiterte in einer Katastrophe für das US-Militär.

Die Iraner haben mehrere Atomanlagen über das Land verteilt. Es gibt nach Informationen der westlichen Geheimdienste mehr als 70 Ziele. Mit einem Angriff aus der Luft auf Natans soll nach Angaben der CIA ein "Zeichen gesetzt werden, das die Iraner zur Räson bringen soll". Erschwerend für einen Luftschlag ist nach Darstellung von Militärs allerdings, dass die Iraner ihre atomaren Einrichtungen auch verbunkert haben.

Nach neuesten Erkenntnissen des Westens haben die Iraner bereits umfangreiche militärische Vorkehrungen zum Schutz ihrer Anlagen getroffen. Aus CIA-Kreisen wurde in dem Zusammenhang auf die "MOAB" - Massive Ordnance Air Burst - verwiesen: Eine Bombe, gefüllt mit rund zehn Tonnen aluminiumbasiertem TNT. Sie wird aus großer Höhe abgeworfen und kann auch tiefliegende Bunker zerstören. (Von Friedrich Kuhn, ddp)

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