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Atomstreit: Iran kündigt neue Vorschläge an

Irans Präsident Ahmedinedschad hat sich zu weiteren Verhandlungen mit der EU bereit erklärt. Dennoch soll die umstrittene Atomanlage bei Isfahan morgen in Betrieb genommen werden.

Teheran/Wien/Paris (09.08.2005, 18:52 Uhr) - Der neue Präsident Mahmud Ahmedinedschad kündigte am Dienstagabend in Teheran an, er werde «neue Vorschläge und Initiativen» nach der Bildung seiner Regierung in etwa zwei Wochen vorlegen. Der iranische Chefdelegierte bei der UN-Atombehörde (IAEO) in Wien, Sirus Nasseri, gab am Abend bekannt, dass die Uranumwandlungsanlage am Mittwoch vollständig in Betrieb genommen wird.

IAEO-Sprecherin Melissa Fleming bestätigte, dass die Überwachungskameras in der Anlage installiert und getestet worden seien. Iranische Techniker würden die Siegel am Mittwoch entfernen. Tehran hatte am Montag Teile der Anlage in Betrieb genommen und damit die Verhandlungen mit Deutschland, Frankreich und Großbritannien gefährdet. Eine von der EU beantragte Sondersitzung des IAEO- Gouverneursrats zur Atomkrise mit Iran blieb am Dienstag zunächst ergebnislos, weil die blockfreien Staaten eine zu deutliche Verurteilung Irans ablehnten. Der Leiter der UN-Atombehörde, Mohammed el Baradei, forderte Iran vor der um mehrere Stunden verschobenen Sitzung auf, «seine Entscheidung zu überdenken und die Lage nicht weiter zu eskalieren». Auch Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) rief Iran auf, im Atomstreit mit der EU zum Einlenken aufgerufen. UN- Generalsekretär Kofi Annan appellierte an Teheran, Zurückhaltung zu üben.

Russland drängte Iran, umgehend die Atomanlage Isfahan wieder herunterzufahren. Außerdem solle das Land die Verhandlungen mit der EU wieder aufnehmen, forderte Michail Kaminin, Sprecher des russischen Außenministeriums in Moskau. Der französische Außenminister Philippe Douste-Blazy hält Verhandlungen mit Teheran über ein Kooperationsabkommen weiter für möglich.«Wir halten weiter die Hand hin», sagte Douste-Blazy am Dienstag in Biarritz nach einem Gespräch mit seinem spanischen Kollegen Miguel Angel Moratinos.

Die Regierung Irans gab sich nach der Ablehnung des EU-Vorschlags für ein umfassendes bilaterales Kooperationsabkommen am Montag selbstbewusst. Verteidigungsminister Ali Schamchani warnte, sein Land werde sich dem zunehmenden internationalen Druck nicht beugen. Iran hatte am Montag gegen eine ausdrückliche Warnung der EU Teile der Uranumwandlungsanlage in Isfahan wieder in Betrieb genommen, die von der IAEO angebrachten Siegel jedoch nicht gebrochen. Der Sprecher des Höchsten Nationalen Sicherheitsrats, Ali Akamohammadi, kündigte am Dienstag jedoch an, Iran werde Urananreicherung in der Atomanlage Natans nicht aufnehmen. Dies hatten EU-Diplomaten am Montag als ihre «Rote Linie» für die Fortsetzung des Dialogs mit Teheran bezeichnet.

Der scheidende Verteidigungsminister Schamchani warnte das Ausland jedoch vor möglichen Angriffen auf Irans Atomanlagen. Alle Anlagen seien militärisch mit Flugabwehr-Einrichtungen gegen militärische Schläge geschützt. Sollte der Westen sie dennoch angreifen, werde Iran «alle bisherigen internationalen Verpflichtungen fallen lassen». Schamchani bezeichnete die am Vortag abgelehnten Kooperationsvorschläge Deutschlands, Frankreichs und Großbritanniens als «absurd und inakzeptabel», weil sie Irans recht auf die Anreicherung von Uran nicht akzeptierten. Teheran werde dieses Recht «niemals aufgeben».

Unmittelbar vor einer Krisensitzung der UN-Atombehörde forderte IAEO-Generaldirektor el Baradei Iran am Dienstag auf, im Atomstreit mit der EU «keine unilateralen Schritte» zu unternehmen und an den Verhandlungstisch zurückzukehren. Der neue Botschafter der USA bei den Vereinten Nationen in Wien, Greg Shulte, bedauerte, dass Teheran «das großzügige Angebot der EU abgelehnt» habe. Man dürfe Iran «nicht erlauben, internationale Verpflichtungen zu verletzen». Westliche Diplomaten gehen davon aus, dass sich der Gouverneursrat voraussichtlich erst an diesem Donnerstag auf eine gemeinsame Erklärung einigen wird. (tso)

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