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Atomstreit: Iran verfügt über Kenntnisse zum Bau nuklearer Sprengsätze

Die Internationale Atomenergiebehörde glaubt, Irans Ziel seien Mittelstreckenraketen mit nuklearen Sprengsätzen. Diese wären in der Lage, unter anderem Israel zu treffen.

Die Inspekteure der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA) dürfen noch in diesem Monat in die neue Urananreicherungsanlage nahe der Stadt Ghom. IAEA-Chef sagte ElBaradei am Sonntag in Teheran, als Termin für die Kontrollen sei der 25. Oktober vereinbart worden.

Erst am Donnerstag waren die monatelang ausgesetzten Verhandlungen zwischen Iran und den fünf UN-Vetomächten plus Deutschland wieder aufgenommen worden. Kurz zuvor hatte die Regierung in Teheran den Bau der Fabrik in Ghom eingeräumt, die Ende kommendes Jahr mit Uran beschickt werden solle. Das hatte das Misstrauen vieler Länder gegenüber den Beteuerungen der Führung in Teheran geschürt, dass sie keine Atombombe anstrebt.

"Es ist für uns sehr wichtig, die friedliche Natur der neuen Fabrik zu verifizieren", sagte ElBaradei. Er warf dem Iran erneut vor, die IAEA nicht rechtzeitig über den Bau der Anlage informiert zu haben. Er teile die Auffassung der Führung in Teheran nicht, das sie dies nach den Abkommen im Rahmen des Atomwaffensperrvertrags erst drei Monate vor Inbetriebnahme tun müsse.

Gleichwohl rechnet ElBaradei damit, dass der Atomkonflikt "mit Diplomatie gelöst werden kann". Das Verhältnis des Irans zum Westen hätte sich gewandelt, die Islamische Republik setze ihrerseits auf eine Zusammenarbeit, sagte er.

So signalisierte Iran auch in einem anderen zentralen Punkt weiterhin Gesprächsbereitschaft: Der Leiter der iranischen Atombehörde, Ali Akbar Salehi, will sich am 19. Oktober in Wien mit Vertretern Russlands und Frankreichs treffen, um über die Details für einen Transport von bereits niedrig angereichertem Uran aus der Atomfabrik Natans zur weiteren Anreicherung ins Ausland zu sprechen.

Damit erfüllt das Regime wesentliche Forderungen der Weltgemeinschaft, die befürchtet, Teheran könnte hoch angereichertes Uran zum Bau von Atombomben abzweigen. Die Urananreicherung im Ausland ist seit langem ein Vorschlag des UN-Weltsicherheitsrates. Iran hatte dies lange ablehnt, nach den Verhandlungen in Genf aber seine prinzipielle Zustimmung gegeben.

Die Islamische Republik hat Schätzungen zufolge in ihrer ersten Anlage in Natans bereits rund 1,5 Tonnen Uran auf rund 3,5 Prozent angereichert. Für den Betrieb in speziellen Reaktoren, aber auch für den Bau einer Atombombe, muss es weiter auf 20 Prozent angereichert werden. Jetzt muss geklärt werden, wie viel des niedrig angereicherten Urans aus Natans ins Ausland gebracht wird. Von dort soll es zu einem Forschungsreaktor in Teheran zurück transportiert werden. Durch dieses Verfahren kann die IAEA besser überwachen, dass kein Material zum Bombenbau abgezweigt wird. Teheran beteuert seit Jahren, das Uran allein zur Energiegewinnung nutzen zu wollen.

Dem widerspricht eine vertrauliche Analyse von hohen Mitarbeitern der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA). Demnach habe Iran genügend Informationen für die Entwicklung und den Bau einer funktionierenden Atombombe, wie die New York Times am Samstag berichtete.

Die Schlussfolgerungen des Berichts, die laut der Zeitung von hohen europäischen Beamten beschrieben wurden, gehen über die öffentlich eingenommenen Positionen mehrerer Regierungen, darunter der Vereinigten Staaten, hinaus. Der Iran habe "höchstwahrscheinlich" die benötigten Informationen von externen Quellen erhalten und auf eigene Bedürfnisse zugeschnitten. 

Der Bericht mit dem Titel "Mögliche militärische Dimensionen von Irans Nuklearprogramm" sei in Zusammenarbeit mit einer Reihe von Atomwaffenexperten innerhalb und außerhalb der IAEA erstellt worden. Das Dokument entwerfe das Bild eines vom iranischen Verteidigungsministerium geleiteten, komplexen Programms. Dessen Ziel sie die Entwicklung einer nuklearen Sprengladung, die von Schahab-3-Raketen transportiert werden könnte. Die Schahab-3 kann Ziele im Nahen Osten und Teile von Europa erreichen. Das Programm habe, so der Bericht, offensichtlich früh im Jahr 2002 begonnen.

Der Nationale Sicherheitsberater der USA, Jim Jones, wies den Bericht der New York Times zurück. Stattdessen würdigte er die Fortschritte bei den Verhandlungen. "Wir haben jetzt einen Iran, der zu Gesprächen bereit ist", sagte Jones am Sonntag im US-Fernsehsender CBS. Die jüngsten Entwicklungen dienten dem Ziel des Westens, weltweit der Weiterverbreitung von Atomwaffen Einhalt zu gebieten. Auf die Frage, ob der Iran inzwischen einer Atombombe nähergekommen sei, sagte Jones: "Nein, wir stehen zu unseren bisher veröffentlichten Berichten."
 

Quelle: ZEIT ONLINE, Reuters, dpa

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