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Politik: Atomstrom statt Brennholz?

Brüssel will die Energieversorgung in der Dritten Welt verbessern – und schließt die Kernkraft dabei nicht aus

Von Dagmar Dehmer,

Johannesburg

Niemand redet in Johannesburg von der Atomkraft – außer der EU-Kommission. Am Donnerstag hat die Europäische Union zwei Entwicklungspartnerschaften angekündigt: eine Wasser-Initiative und eine Energie-Partnerschaft. Ziel soll es sein, ländliche Räume mit Strom zu versorgen, kleine Einheiten zur Energieerzeugung zu bauen, mehr erneuerbare Energien einzusetzen, und die Effizienz zu steigern. Kein umstrittenes Ziel, schließlich halten die meisten Energieexperten die Steigerung der Effizienz für das wirksamste Mittel, um den Ausstoß des Treibhausgases Kohlendioxid (CO2) zu vermindern.

Die Energiepartnerschaft, die die EU-Kommission vor allem den früheren Kolonien in Afrika, der Karibik und im Pazifik (AKP) anbietet, soll aber auch bessere fossile Energie-Techniken enthalten, wie die so genannte saubere Kohle. Damit ist die Europäische Delegation beim Weltgipfel, der auch Europa-Parlamentarier angehören, allerdings nicht einverstanden. Noch weniger einverstanden ist sie damit, dass in dieser EU-Partnerschaft auch die Förderung der Atomkraft nicht völlig ausgeschlossen ist.

EU-Entwicklungskommissar Poul Nielson sagte zwar, dass im Rahmen dieser Typ-II-Partnerschaft kein neues Atomkraftwerk gebaut werde. Die EU werde die Entwicklungsstaaten auch nicht zum Neubau drängen. Aber: „Wenn ein Entwicklungsland auf die EU zukommt und bei der Sicherheitstechnik oder bei Kompetenzbildung für nukleare Energie um Hilfe bittet, wird sie nicht nein sagen.“ Vor einem Jahr bei der Klimakonferenz in Bonn hatte die EU dagegen gekämpft, Atomkraft mit Mitteln aus dem Klimaschutzabkommen von Kyoto indirekt zu fördern. Damals gelang es ihr, dass Atomkraft als mögliche klimafreundliche Energietechnik aus den so genannten „Saubere-Entwicklungsmechanismen“ gestrichen wurde.

Das klingt nach einer Wende der EU-Politik. Gila Altmann, Parlamentarische Staatssekretärin im Umweltministerium und in Johannesburg eine der Verhandlungsführerinnen, beschwichtigte aber: „Atomkraft hat hier noch keine Rolle gespielt.“ Damit das so bleibt, haben die Grünen im Europaparlament das Thema in Johannesburg bei einem Workshop zur EU-Energiepartnerschaft aufgegriffen. Das Ergebnis: Die Europäische Delegation hat einen Brief an EU-Kommission und Ministerrat geschrieben, die Förderung der Atomkraft und großer Kohlekraftwerke in der EU-Energiepartnerschaft zu unterlassen. „Das geht in eine ganz andere Richtung als gewollt “, sagte Claude Turmes. Der energiepolitische Sprecher der Grünen im Europaparlament hofft, dass die Mittel aus der EU-Partnerschaftsinitiative vor allem für erneuerbare Energien ausgegeben werden.

EU-Verhandlungsführer Hans Christian Schmidt sieht diese beiden Typ-II-Partnerschaften, die nicht der Zustimmung des gesamten Weltgipfels bedürfen, nicht als Ersatz für verbindliche Vereinbarungen in Johannesburg. Anders als die USA, die beim Weltgipfel ganz auf unverbindliche Partnerschaften setzen. Der dänische Umweltminister Schmidt sagte dagegen: „Die EU sieht die Typ-II-Partnerschaften als Ergänzung.“ Sie könnten einen Beitrag zu den vor zehn Jahren in Rio vereinbarten Zielen leisten. Schmidt wünscht sich für die Partnerschaften einen verbindlicheren Rahmen und eine Beteiligung der Öffentlichkeit. Die EU jedenfalls werde Rechenschaft über ihre Partnerschaftsprojekte ablegen, versprach er.

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