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Start zur letzten Runde: Kurz vor Beginn der Verhandlungen im Hotel au-Rivage Palace in Lausanne am Dienstagmorgen.

© Brendan Smialowski/Reuters

Update

Atomverhandlungen in Lausanne: Das zähe Ringen um die Bombe

Endspurt bei den Verhandlungen über das iranische Atomprogramm im schweizerischen Lausanne. Bis um Mitternacht wollen die Gesprächspartner ein politisches Rahmenprogramm auf den Weg bringen. Erfolg und Scheitern liegen eng beieinander.

John Kerry verzieht keine Miene, murmelt kurz etwas zu einem Begleiter. Dann schreitet der hochgewachsene Mann mit der dichten grauen Mähne durch einen langen Gang, umringt von Bodyguards und Beratern. Amerikas Außenminister betritt einen Saal des Hotels Beau-Rivage Palace in Lausanne. Hinter ihm schließt sich die schwere Tür.

Wenige Stunden vor dem Ablauf der von den Verhandlungspartnern selbst gesetzten Frist sind am Dienstagmorgen in Lausanne die Verhandlungen über das iranische Atomprogramm fortgesetzt worden. Die Außenminister aus Deutschland, den USA, Frankreich, Großbritannien und China trafen erneut zusammen. Einer fehlte: Der russische Außenminister Sergej Lawrow nahm zunächst nicht an den Beratungen teil. Er wurde durch Vize-Außenminister Sergej Riabkow vertreten. Lawrow wollte am Nachmittag wieder zu den Beratungen hinzustoßen. Er zeigte sich zuversichtlich, dass eine Einigung gelingt. Diese sei “machbar, wenn nicht eine Seite noch in letzter Minute neue Hürden errichtet“, sagte er in Moskau.

Eine halbe Stunde nach Beginn der Verhandlungen stieß die iranische Delegation um Außenminister Dschawad Sarif hinzu. Bis Mitternacht wollen die Gesprächspartner eine politische Grundsatzvereinbarung auf den Weg gebracht haben. Alle Details, auch die technischen, sollen dann bis Ende Juni geklärt werden. So lautet der Plan.

US-Außenminister Kerry sagte dem Sender CNN, es gebe noch einige große Probleme. “Wir arbeiten uns hart durch sie durch. Wir arbeiten bis in die Nacht.“ Diplomaten sagten, möglicherweise werde die Uhr angehalten und auch nach Ablauf der Frist um Mitternacht noch weiter verhandelt. Nach Angaben westlicher Diplomaten gibt es noch drei große Knackpunkte: Die Dauer des Abkommens, die Aufhebung der UN-Sanktionen sowie deren Wiedereinsetzung, wenn sich der Iran nicht an die Abmachung hält.

Ob es tatsächlich gelingt, ein Abkommen mit dem Iran zu schließen, einem Land, das die USA jahrzehntelang als Paria der internationalen Gemeinschaft ächteten, wird wohl bis zuletzt fraglich bleiben. Eng beieinander liegen Erfolg und Scheitern der Verhandlungen. Schließlich geht es in Lausanne darum, der Islamischen Republik den Zugang zur Atombombe zu verwehren, ein nukleares Wettrüsten in der Krisenregion Naher und Mittlerer Osten zu verhindern und einen Konflikt Israels mit Teheran zu verhindern. Es ist ein ambitioniertes Programm.

Was aber passiert, wenn der Termin nicht eingehalten wird, wenn keine Einigung mit Teheran zustande kommt?

Kerry sprach schon am Montag von „Fortschritten“, „Lücken, die noch bleiben“ und dann wieder von „harten Entscheidungen“. Ähnliche Worte waren von seinen Partnern zu hören. Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) bemüht eine Gipfelmetapher. Die letzten Meter bei einer Bergbesteigung seien die schwersten. Steinmeier sagt auch: „Näher waren wir uns in den vergangenen Jahren nie, aber es sind auch noch einige Hürden zu überwinden.“ Wo genau die Hürden stehen und wie hoch sie sind, verrät er nicht.

Der spärliche Nachrichtenfluss führt fast zwangläufig zu Spekulationen. Am Sonntag etwa meldete eine Nachrichtenagentur, die Kontrahenten seien sich einig. Das Dementi folgte umgehend. „Nachrichten über eine vorläufige Einigung in den Verhandlungen mit Iran sind nicht nur verfrüht, sondern auch falsch“, hieß es aus deutschen Delegationskreisen. Die Meldungen werfen Schlaglichter auf die Verhandlungen, die so intensiv wie zäh sind.

In den USA, wo in den Reihen der Republikaner der Kurs von Präsident Barack Obama auf eine Einigung mit dem Iran heftig attackiert wird, befürwortet eine Mehrheit der US-Bürger ein Abkommen. 59 Prozent der Befragten
sprachen sich in einer repräsentativen Umfrage der Zeitung „Washington Post“ und des Senders ABC News für ein Einigung aus, bei der im Gegenzug für eine Einschränkung des iranischen Atomprogramms die Sanktionen gegen das Land gelockert würden. 31 Prozent waren demnach dagegen. Die Unterstützung für einen Deal werde von einer Mehrheit aller politischen Lager getragen, hieß es. 60 Prozent der keiner Partei zugehörigen Befragten und zwei Drittel der befragten Demokraten waren demnach dafür. Bei den befragten Republikanern unterstützten 47 Prozent eine Einigung, 43 Prozent waren dagegen. (mit AFP/dpa/rtr)

Jan Dirk Herbermann

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