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Politik: Auch der Armeechef tritt ab

Nach dem Rücktritt von Premierminister Wim Kok und dem gesamten niederländischen Kabinett ist am Mittwoch auch der Oberbefehlshaber der Armee, General Ad van Baal, von seinem Amt zurückgetreten. Ihm haben die Historiker des Niederländischen Instituts für Kriegsdokumentation in ihrem Bericht über das Massaker von Srebrenica vorgeworfen, der niederländischen Regierung wichtige Informationen vorenthalten zu haben.

Nach dem Rücktritt von Premierminister Wim Kok und dem gesamten niederländischen Kabinett ist am Mittwoch auch der Oberbefehlshaber der Armee, General Ad van Baal, von seinem Amt zurückgetreten. Ihm haben die Historiker des Niederländischen Instituts für Kriegsdokumentation in ihrem Bericht über das Massaker von Srebrenica vorgeworfen, der niederländischen Regierung wichtige Informationen vorenthalten zu haben. Ad van Baal war 1995 stellvertretender Oberbefehlshaber der Landstreitkräfte und Mitglied eines Srebrenica-Krisenzentrums. Presseberichten zufolge soll Verteidigungsminister Frank de Grave ihn am Dienstagabend zum Rücktritt aufgefordert und ihm andernfalls mit Entlassung gedroht haben.

Die Oppositionsparteien in der Zweiten Kammer des Parlaments äußerten überwiegend Respekt für den Rücktrittsbeschluss der Regierung. "Tapfer" nannte ein Sprecher der oppositionellen Sozialisten Koks Schritt. Der Parteichef der Christdemokraten, Jan Peter Balkenende, erklärte, angesichts des Ernstes der Ereignisse in Srebrenica 1995 sei der Entschluss des Kabinetts gerechtfertigt gewesen.

Auch der Chef der regierenden Rechtsliberalen, Hans Dijkstal, sah sich "betroffen von der eindrucksvollen Erklärung Koks im Parlament". Die Rechtsliberalen hatten versucht, den Fall der Regierung zu verhindern und ihren Verteidigungsminister vom Rücktritt abzuhalten. Die deutlichste Kritik am Verhalten Koks kam von dem Rotterdamer Rechtspopulisten Pim Fortuyn, der zuvor Koks Rücktritt gefordert hatte. Er warf Kok jetzt ein "schlechtes Krisenmanagement" vor, weil er abtrete und dabei Nebelkerzen werfe.

Das Parlament will mit einer parlamentarischen Untersuchung so schnell wie möglich mehr Klarheit über die Regierungspolitik im Jahr 1993 vor der Entsendung von Soldaten nach Srebrenica erhalten. Nach einer sechsstündigen Debatte nahmen die Abgeordneten am Mittwoch einstimmig einen entsprechenden Antrag an. Sie einigten sich darauf, zunächst eine Kommission zu berufen, um die Fragestellung der neuen Untersuchung festzulegen.

Premier Kok wird mit seinen Ministern geschäftsführend bis zu den Parlamentswahlen am 15. Mai im Amt bleiben. Das Übergangskabinett kann auch neue Gesetze auf den Weg bringen. Kontroverse Vorhaben werden aber üblicherweise nicht behandelt. So wird weder die umstrittene Privatisierung des Flughafens Schiphol noch die Anschaffung neuer Kampfflugzeuge beraten werden.

Klaus Bachmann

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