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Politik: Auch die Verwaltung will Weltmeister werden

Von Bernd Matthies Die Behörde war einst ein kleines, abgeschlossenes Universum, das um Ärmelschoner, Umlaufmappen und kameralistische Haushaltsführung kreiste. Nun aber haben sich darin fremdartige Phänomene ausgebreitet: Controlling, Benchmarking, E-Government.

Von Bernd Matthies

Die Behörde war einst ein kleines, abgeschlossenes Universum, das um Ärmelschoner, Umlaufmappen und kameralistische Haushaltsführung kreiste. Nun aber haben sich darin fremdartige Phänomene ausgebreitet: Controlling, Benchmarking, E-Government. Dahinter stecken gewaltige inhaltliche Veränderungen.

Jedenfalls sieht das Otto Schily so, der Dienstherr der Verwaltungsreformer. Am Mittwoch hatte er die Leiter aller Bundesbehörden in den Weltsaal des Auswärtigen Amts gerufen, um ihnen einerseits auf die Schulter zu klopfen und ihnen andererseits unvermindertes Tempo anzuraten. Das Motto: „Moderne Verwaltung in der Informationsgesellschaft – mehr leisten, weniger kosten.“ Rund 200 Staatssekretäre, Präsidenten und andere Würdenträger bis hin zum Generalbundesanwalt kamen.

Sie alle haben Management-Englisch lernen müssen. Die strikte Kosten- und Leistungsrechnung beispielsweise, sagt der Minister, sei 1998 in 33 Bundesbehörden eingeführt gewesen, heute in 300, was 89 Prozent entspreche. Schily will mehr: „Wenn die deutsche Fußballmannschaft sich anschickt, Weltmeister zu werden, dann müssen auch wir uns von solchen Erwägungen leiten lassen.“ Internationaler Wettbewerb auf der einen Seite, Wettbewerb zwischen den Behörden auf der anderen: Das „Benchmarking“, der interne Leistungsvergleich, hat die Kosten um bis zu 20 Prozent gesenkt. Und dann das berühmte „E-Government“, das Online-Angebot der Regierung: Schily sieht sich und die Seinen für die Zukunft der Informationsgesellschaft „gut aufgestellt“, Platz 9 weltweit, erwünschte Tendenz: siehe Fußball. Man hat 350 Bundesdienstleistungen gesammelt, die sich für die Abwicklung im Internet eignen.

Der Gast und Hauptgeschäftspartner dieser Modernisierungswelle, Telekom-Chef Ron Sommer, malte glänzende Perspektiven der zukünftigen Kommunikationsgesellschaft. Die Bürger würden sich rasch an Hochleistungs-Multimedia-Service gewöhnen, drohte er, „und sie werden es nicht akzeptieren, wenn die öffentliche Verwaltung da nicht mitzieht“. Sommers Trost an die Beamten: „Ich kenne Unternehmen, in denen es in Sachen E-Kommunikation weniger innovativ zugeht als in der Verwaltung.“ Da freute sich Schily. Er hat schon, optimistisch, das Programm für die nächste Wahlperiode fertig: Abbau der Bürokratie, Durchforstung des Behördendschungels. Von Ärmelschonern ist keine Rede mehr.

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