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Politik: Auf der Suche nach Verbündeten

Irans Präsident will eine Zusammenarbeit mit den Schanghai-Staaten – vor allem im Energiebereich

Der iranische Präsident Mahmud Ahmadinedschad hat dem öldurstigen China und anderen Staaten der Region eine stärkere Zusammenarbeit im Energiesektor angeboten. In einer mit Spannung erwarteten Rede am Donnerstag auf dem Gipfel der Schanghaier Kooperationsorganisation (SCO) ging Ahmadinedschad jedoch nicht auf den schwelenden Atomstreit mit dem Westen ein. Allerdings warnte der Präsident vor „Einmischung in die inneren Angelegenheiten anderer Staaten“ und vor Einschüchterungsversuchen. In Teheran betonte unterdessen das geistliche Oberhaupt des Irans, Ajatollah Chamenei, dass sich das Land in der umstrittenen Nuklearfrage keinem Druck des Westens beugen werde, wie Agenturen berichteten. Zur Schanghai-Organisation gehören Russland, China, Kasachstan, Kirgisien, Tadschikistan und Usbekistan.

Ahmadinedschad schlug in Schanghai ein Treffen der Energieminister des Irans und der sechs SCO-Staaten vor. Das Treffen solle in Teheran stattfinden, „um effektive Möglichkeiten der Kooperation auszuloten“. Die SCO könne auf regionaler und internationaler Ebene zu einer „starken und einflussreichen wirtschaftlichen, politischen und Handelsorganisation werden“, erklärte Ahmadinedschad, dessen Land der viertgrößte Erdölproduzent der Erde ist. Ohne die USA beim Namen zu nennen, rief er die SCO-Staaten auf, sich gemeinsam gegen „Drohungen der berherrschenden Mächte“ zur Wehr zu setzen. Dazu sollten sich die sechs Staaten verstärkt zusammenschließen, forderte der iranische Staatschef.

Die Rede Ahmadinedschads, dessen Land bei der SCO nur Beobachterstatus hat, stand beim Gipfel der Staatsführer im Zentrum der Aufmerksamkeit. Die USA hatten den Auftritt des iranischen Präsidenten in Schanghai im Vorfeld kritisiert. „Es erscheint mir sehr merkwürdig, dass eine Organisation, die sich gegen den Terrorismus wendet, die führende terroristische Nation der Welt mit dazunimmt“, sagte Verteidigungsminister Donald Rumsfeld. Die USA beobachten die Entwicklung der SCO mit Skepsis, da sie ihre Sicherheitsinteressen in Zentralasien gefährdet sehen.

Sowohl Chinas Staatschef Hu Jintao als Gastgeber als auch Russlands Präsident Wladimir Putin vermieden es, in ihren Reden direkt auf den Iran einzugehen. Putin traf Ahmadinedschad allerdings zum persönlichen Gespräch. Berichten zufolge plante auch Hu ein bilaterales Treffen. China hatte Teheran am Mittwoch aufgefordert, ein von den fünf ständigen Mitglieder des UN-Sicherheitsrates und Deutschland vorgelegtes Vermittlungsangebot in dem Atomstreit anzunehmen.

Trotz der breiten Berichterstattung in den chinesischen Staatsmedien konnte das eintägige Gipfeltreffen nicht darüber hinwegtäuschen, dass die SCO bisher wenig politisches Gewicht hat. So wurden wie in den vergangenen Jahren nur allgemeine politische Erklärungen abgegeben, ohne dass zu den politischen Problemen in der Region Stellung genommen wurde. Stattdessen unterzeichneten die Staatschefs der SCO-Länder eine Reihe von allgemeinen Abkommen über Sicherheitskooperationen, Wirtschaftszusammenarbeit und Kulturaustausch.

Die SCO wurde vor fünf Jahren als Organisation gegen den Terrorismus und für eine engere Zusammenarbeit in Sicherheitsfragen gegründet. Zuvor hatte es einen lockeren Staatenbund mit dem Namen Schanghai Fünf (damals noch ohne Usbekistan) gegeben. Die Organisation könnte langfristig ein Gegengewicht zur Nato werden. Die sechs SCO-Staaten vertreten mit 1,4 Milliarden Menschen rund ein Viertel der Weltbevölkerung.

Harald Maass[Peking]

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