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Politik: Auf der Zielgeraden

Die EU will im Jahr 2004 zehn neue Mitglieder aufnehmen – aber die Brüsseler Kommission treibt Polen zu größerem Reformtempo an

Von Mariele Schulze Berndt, Brüssel

Zehn Staaten sollen im Frühjahr 2003 Beitrittsverträge mit der Europäischen Union unterzeichnen. Sie könnten Anfang 2004 Mitglieder der EU sein. Für Bulgarien und Rumänien soll das Jahr 2007 ins Auge gefasst werden. Die Türkei soll stärker in ihren Bemühungen um die Erfüllung der Bedingungen unterstützt werden. Im Entwurf für die jährlichen Fortschrittsberichte für die EU-Erweiterung, den die Europäische Kommission am heutigen Mittwoch verabschieden wird, heißt es, dass die Verhandlungen mit Zypern, Tschechien, Estland, Ungarn, Lettland, Litauen, Malta, Polen, der Slowakei und Slowenien noch in diesem Jahr abgeschlossen werden können.

Die Staaten hätten die Rechtsgrundlagen der EU weitgehend übernommen, heißt es in dem Bericht der Erweiterungsexperten. Auch die politischen und ökonomischen Kriterien für den Beitritt erfüllen die zehn Kandidatenstaaten zum größten Teil. Die Verhandlungen über die Landwirtschaft und die künftige Finanzhilfe konnten jedoch noch nicht abgeschlossen werden. Ebenfalls offen ist bei fünf Ländern der Wettbewerbsbereich, bei der Tschechischen Republik das Verkehrskapitel.

Estland erfüllt seit 1997 die politischen Kriterien für den EU-Beitritt und konnte seitdem seine wirtschaftliche Entwicklung so erfolgreich vorantreiben, dass es auch wirtschaftlich beitrittsfähig ist. Zu Verspätungen kam es vor allem im Fischereisektor.

Für Lettland ist der Aufbau funktionierender Verwaltungsstrukturen die größte Herausforderung bis zum EU-Beitritt. Die politischen und wirtschaftlichen Bedingungen kann das Land erfüllen. 27 von 31 Verhandlungskapiteln wurden abgeschlossen.

Litauens politisches System und seine Wirtschaftsreformen haben das Land EU-fähig gemacht. Probleme bei der Umsetzung des EU-Rechts gibt es bei der Fischerei, beim Umweltschutz und bei der Agrarstatistik.

Malta konnte bisher 25 Verhandlungskapitel abschließen. Es erfüllt die wirtschaftlichen und politischen Voraussetzungen für einen Beitritt. Probleme treten bei der Freizügigkeit für Arbeitnehmer, bei der Fischerei und Landwirtschaft sowie bei der Verkehrs- und Sozialpolitik auf. Die Experten gehen davon aus, dass es Malta nicht schwer fallen wird, sie zu beheben.

Polen hat zwar 27 Verhandlungskapitel abgeschlossen. Doch besonders in der Landwirtschaft, bei der Fischerei und beim Umweltschutz sieht die Erweiterungsbehörde weitere Verbesserungen dringend geboten. Kritik übt Brüssel besonders an der zu geringen Lebensmittelsicherheit durch fehlende Tieridentifikations- und Registratursysteme und an der mangelnden Kontrolle des Fischmarktes. In der Landwirtschaft fehlen offenbar notwendige Verwaltungsstrukturen.

Die Slowakei hat bisher 27 Verhandlungskapitel vorläufig abgeschlossen. Die EU-Kommission bescheinigt der Slowakei ähnlich wie Lettland Musterknaben-Status: Das Land hat seine Verhandlungszusagen weitgehend erfüllt.

Slowenien erfüllt die Bedingungen für den Beitritt. Einen Tadel gibt es, da immer noch Investitionshindernisse für ausländische Investoren bestehen.

Tschechien hat die zugesagten Reformen weitgehend durchgeführt. Die politischen und wirtschaftlichen Bedingungen für den Beitritt werden erfüllt, auch die Umsetzung des EU-Rechts ist auf gutem Wege. Verbesserungsbedarf sieht die Erweiterungsbehörde bei der Marktaufsicht und der Anerkennung beruflicher Qualifikationen. Anerkannt wird, dass die tschechische Republik die EU-Forderungen zur Sicherheit von Kernkraftwerken umgesetzt hat.

Ungarn erfüllt ebenfalls die EU-Beitrittsbedingungen. Allerdings gibt es noch Probleme bei der Umsetzung des EU-Rechts in der Landwirtschaft, der Regionalpolitik, dem Umweltschutz und der Finanzkontrolle.

Zypern erfüllt die politischen Kriterien und hat eine funktionierende Marktwirtschaft, die den internationalen Wettbewerb nicht zu fürchten braucht.

Bulgarien und Rumänien haben nach Ansicht der Erweiterungsbehörde in den vergangenen Jahren so große Fortschritte gemacht, dass das Jahr 2007 für den Beitritt ins Auge gefasst werden kann. Mit Bulgarien wurden alle Verhandlungskapitel eröffnet, 22 konnten bereits abgeschlossen werden. Mit Rumänien sollen noch in diesem Jahr alle Kapitel eröffnet werden.

Für die Türkei wird noch kein konkretes Beitrittsdatum genannt. Die Erweiterungsexperten bescheinigen der Türkei jedoch umfassenden Reformwillen. Die gesetzgeberischen Ansätze aus dem Sommer müssten jetzt fortgeführt werden, damit die Türkei die politischen Kriterien erfüllen kann, heißt es. Die Beitrittspartnerschaft soll deshalb eine neue Qualität bekommen: Die EU-Kommission regt an, die Finanzhilfe für die Türkei ab 2004 fortlaufend zu erhöhen.

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