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Politik: Auf die Kleinen kommt es an

Angola, Kamerun und Guinea entscheiden im Sicherheitsrat mit über einen Irak-Krieg. Sie suchen ihren Weg zwischen Paris und Washington

Von Wolfgang Drechsler,

Kapstadt

Wer hätte es gedacht: Ausgerechnet Afrika, das allenthalben als der „vergessene Kontinent“ gilt, sieht sich vor dem Hintergrund einer weiteren UN-Resolution zur Entwaffnung des Irak heftig von Befürwortern und Gegnern der jüngsten US-Initiative umworben. Immerhin kommen drei der nichtständigen Mitglieder im UN-Sicherheitsrat aus Afrika: Angola, Kamerun und Guinea. In dem Werben um die Gunst der Afrikaner hatte Frankreichs Staatspräsident Jacques Chirac letzte Woche den Startschuss gegeben. In einer vom franko-afrikanischen Gipfel in Paris verabschiedeten Erklärung unterstützten 52 afrikanische Staaten ausdrücklich die Position Frankreichs in Bezug auf den Irak. In dem Dokument heißt es, dass es noch immer „Alternativen zu einem Krieg" gebe. Die Anwendung von Gewalt wird dagegen nur als „letztes Mittel“ gebilligt.

Doch auch Washington blieb nicht untätig und schickte den Leiter der Afrika-Abteilung im US-Außenministerium, Walter Kansteiner, zu den afrikanischen Vertretern im Sicherheitsrat. Er wurde vor allem in Angola herzlich empfangen. Die USA hatten zwar während des Kalten Krieges die Rebellenbewegung Unita in ihrem Kampf gegen die marxistische Regierung in Luanda unterstützt, doch das ist Vergangenheit: Angola ist vom Marxismus abgerückt – und im Gegenzug hat die US-Regierung den Unita-Rebellen die Hilfe entzogen und gute Beziehungen zur regierenden MPLA von Präsident dos Santos geknüpft. Auf umfangreiche Handelsvorteile im Rahmen des „African Growth and Opportunity Acts“ (Agoa) wartet Luanda bisher jedoch vergeblich. Washington vertritt die Ansicht, dass die angolanische Führung nicht strikt genug gegen Korruption und Menschenrechtsverstöße vorgeht.

Und dennoch: Kein anderes Land hat so viel Einfluss auf Angola wie die USA. Zum einen ist Washington der mit Abstand größte Handelspartner des Landes; zum anderen liefern die Amerikaner Militärtechnologie. Ohne die Überwachungsausrüstung aus Amerika hätte die Regierungsarmee im letzten Februar kaum den Unita-Rebellenführer Jonas Savimbi im unwegsamen Osten des Landes aufspüren und töten können.

Kamerun und Guinea sind im Gegensatz zu Angola keinem der beiden Lager im Sicherheitsrat klar zuzuordnen. Die meisten Experten sind jedoch der Ansicht, dass sich mindestens eine der früheren französischen Kolonien auf die Seite der Kriegsgegner schlagen wird. Allerdings sind die Beziehungen zum einstigen Mutterland in den vergangenen Jahren abgekühlt. In Kamerun bauen US-Konzerne zusammen mit der Weltbank zurzeit eine 1100 km lange Ölpipeline, die vom Wüstenstaat Tschad an die Atlantikküste Kameruns führt und zum Jahresende fertig gestellt sein soll. Mit einem Gesamtvolumen von vier Milliarden US-Dollar ist es das größte Infrastrukturvorhaben in ganz Afrika. Die wirtschaftlichen und politischen Verflechtungen Kameruns mit Frankreich sind freilich immer noch äußert eng. Noch ist deshalb offen, wie sich Präsident Paul Biya im Sicherheitsrat entscheiden wird.

Gleiches gilt für Lansana Conté aus Guinea. Das Land taucht, wenn überhaupt, vor allem in Flüchtlingsstatistiken auf. Zunächst flohen eine halbe Million Bürgerkriegsflüchtlinge aus den südlichen Nachbarländern Sierra Leone und Liberia nach Guinea; jetzt kehren hunderttausende frühere Gastarbeiter von den Kakaoplantagen in Elfenbeinküste zurück, wo ein Bürgerkrieg ausgebrochen ist. Guinea ist mit den Rückkehrern vollkommen überfordert. Außenpolitisch lavierte das muslimisch geprägte Land schon früher zwischen den Blöcken. Nach der Unabhängigkeit lehnte es sich an die Sowjetunion an, seit dem Zusammenbruch des Kommunismus setzt es auf US-Militärhilfe.

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