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Politik: „Auf ekelhafte Weise intelligent“

Warum der Umgang mit der rechtsextremen NPD im Dresdner Landtag so schwierig ist

Es ist erst ein paar Tage her. Die NPD-Fraktion im sächsischen Landtag hatte es geschafft, das Thema Linksextremismus auf die Tagesordnung zu hieven. Der NPD-Abgeordnete vorn sprach von einem der schlimmsten Fälle politischer Gewalt in Sachsen seit Jahren. Es ging um eine Truppe linker Chaoten, die in Dresden mehrere Schaufensterscheiben zerschlagen hatten. Uwe Leichsenring forderte deswegen einen Untersuchungsausschuss und setzte noch einen drauf. Seine Partei lehne Gewalt ab, sagte der Abgeordnete. „Wir wissen uns zu benehmen.“ Im Landtag wurde herzlich gelacht.

Leichsenring hat laut Verfassungsschutz gute Kontakte in die militante Neonazi-Szene. Die anderen Parteien hatten sich nach dem Einzug der Rechtsaußen im September auf eine offensive und inhaltliche Auseinandersetzung verständigt. In vielen Fällen funktioniert das auch. Redner verwiesen nach Leichsenrings Auftritt unter anderem auf die Verstrickungen zwischen der NPD und militanten Kameradschaften und auf die extrem hohe Zahl von rechten Gewalttaten. Dennoch kann das nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Auseinandersetzung mit der NPD in Sachsen schwieriger ist als von vielen erwartet.

Denn die NPD-Strategen kennen die Geschäftsordnung und ihre Rechte und versuchen immer wieder, die anderen in die Enge zu treiben. So will die NPD im Februar, am 60. Jahrestag der Zerstörung Dresdens durch alliierte Bomberverbände, mehrere hundert Gesinnungsgenossen zu einer „Gedenkfeier“ in den Landtag einladen. Bislang können Fraktionen den Plenarsaal für eigene Veranstaltungen nutzen. Das soll nun geändert werden, um der NPD und den Neonazis aus ganz Deutschland keine Plattform zu bieten. Allerdings droht damit auch eine Gedenkveranstaltung für die Opfer des Holocaust Ende Januar zu platzen, zu der die CDU-Fraktion Vertreter von jüdischen Gemeinden sowie Opferverbände einlud. Das Vorgehen der NPD sei „auf ekelhafte Weise intelligent“, befand SPD-Fraktionschef Cornelius Weiss.

Anders als in Sachsen-Anhalt, wo die DVU-Abgeordneten sich einst durch Skandale selbst ins Aus katapultierten, geht die NPD-Fraktion planvoll vor. Als Mitarbeiter der Fraktion wurden schillernde Personen aus der Szene rekrutiert, unter ihnen der wegen Volksverhetzung verurteilte Karl Richter aus München. Er gilt als eine Art Vordenker. Seinem fünfköpfigen Stab gehören unter anderem zwei Betriebswirte an. Im Landtag ist bereits von einer rechtsextremen Denkfabrik die Rede. In der Fraktion selbst haben stramme Ideologen das Sagen, fast die Hälfte der Abgeordneten sitzt im NPD-Bundesvorstand. Fraktionschef ist der aus München stammende NPD-Bundesvize Holger Apfel.

Die Redner der anderen Parteien sind bemüht, die NPD während aktueller Debatten als populistisch und verfassungsfeindlich zu entlarven. Doch fehlt bis heute ein gemeinsames Konzept, wie man selbst wieder in die Offensive gelangen könnte. Zudem gilt CDU-Landtagspräsident Erich Iltgen als überfordert und zu wenig energisch. „Er nutzt seine Möglichkeiten nicht“, stöhnt ein CDU-Mann.

Profitieren kann die NPD nicht zuletzt davon, dass zwei Abgeordnete, die in der CDU vermutet werden, heimlich mit der Rechtspartei sympathisieren. Gleich zwei Mal erhielt die NPD mehr Stimmen, als sie Sitze hat, zuletzt bei der Wahl des Ausländerbeauftragten. Weil er in Verdacht geraten war, soll ein CDU-Abgeordneter dabei in seiner Not einem anderen Unionsmann seinen ausgefüllten Wahlzettel gezeigt haben. Als dies bekannt wurde, versuchte die NPD auch daraus Kapital zu schlagen. Sie forderte, offenbar in der Hoffnung auf einen weiteren Eklat, die Wahlwiederholung. Vergeblich. Das Landtagspräsidium erklärte die Wahl für rechtmäßig.

Lars Rischke[Dresden]

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