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Politik: Auf Stimmenfang

Grüne nennen Münteferings Bitte um Enthaltung bei der Vertrauensfrage kopflos – sie sind gegen Vorgaben

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Berlin - Der Kanzler warb in Washington noch um einen deutschen UN-Sicherheitsratssitz, als in Berlin neue Nachrichten über das Abstimmungsverhalten bei der Vertrauensfrage die Runde machten. Am Montagabend informierte SPD-Fraktionschef Franz Müntefering die Grünen darüber, dass sein Fraktionsvorstand eben sein Werben um eine Enthaltung der Abgeordneten bei der Kanzler-Abstimmung gebilligt hatte. So überraschend kam die Wende, dass zunächst die Grünen wie auch etliche SPD-Abgeordnete am Dienstag auf Distanz gingen.

Führende Vertreter der Parteilinken in der SPD befürworten dagegen demonstrativ den vorgeschlagenen Weg. Präsidiumsmitglied Andrea Nahles sagte dem Tagesspiegel, alle Parteien begrüßten vorgezogene Neuwahlen. Zur Empfehlung des SPD-Chefs sagte sie: „Wenn alle sich enthalten sollen, ist das der Weg.“ Ottmar Schreiner, ein entschiedener Kritiker von Schröders Hartz-IV-Politik, kündigte an: „Dieser freundlichen Einladung werde ich folgen.“ Das Kernziel sei, Neuwahlen auf einem ordentlichen Weg zu erreichen. „Und dann soll man diesen Weg auch gehen“, sagte Schreiner.

Allerdings gibt es in Kreisen der SPD- Linken nach Informationen des Tagesspiegels auch Befürchtungen, Schröder könne die Vertrauensfrage am Freitag damit begründen, dass für ihn die Mehrheiten in den eigenen Reihen ins Wanken geraten seien. Auch wenn der Kanzler die SPD-Linke nicht namentlich nenne, könne in der Öffentlichkeit dann der Eindruck entstehen, Schröder schiebe dieser Gruppierung den „schwarzen Peter“ für das Scheitern der rot-grünen Koalition zu. Mehrere Abgeordnete des linken Flügels erklärten, sie würden Schröder das Vertrauen nicht entziehen.

Die Grünen waren von der Entscheidung des SPD-Fraktionsvorstands überrascht worden und zeigten sich verärgert über die Informationspolitik. Noch am Montagnachmittag war die Partei- und Fraktionsspitze davon ausgegangen, dass die Grünen-Bundestagsfraktion am Freitag geschlossen für Schröder stimmt. Dagegen würden die drei Bundesminister der Partei sich so verhalten wie auch die der SPD, nämlich voraussichtlich enthalten, hieß es.

Grünen-Abgeordnete zeigten sich am Dienstag denn auch deutlich befremdet über Münteferings Vorstoß. „Dieses Vorgehen ist offenkundig nicht mit den Grünen abgesprochen worden und wirkt ziemlich kopflos“, sagte der Abgeordnete Winfried Hermann dem Tagesspiegel. Die Fraktionsführung der Grünen wollte am Dienstag in der Fraktionssitzung deshalb zwar über die eigene Haltung zur Vertrauensfrage debattieren, strebte dabei aber noch keine abschließende Klärung an. „Der Schlingerkurs der SPD lädt nicht dazu ein, sich schon früh festzulegen“, hieß es.

Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt sagte vor Beginn der Sitzung am Dienstag, die Grünen befürworteten Neuwahlen, die allerdings „nicht unsere Idee gewesen“ seien. Als zweites Ziel nannte die Grünen-Politikerin: „Wir wollen nicht dementieren, was in den vergangenen sieben Jahren auf den Weg gebracht worden ist.“ Die Fraktionsspitze werde keine Vorgaben machen, kündigte sie an.

Die Grünen-Minister Joschka Fischer und Jürgen Trittin kündigten nach Angaben von Teilnehmern in der Sitzung an, sie würden sich der Stimme enthalten. Gleichzeitig warben sie bei den Abgeordneten darum, ihrem Beispiel zu folgen.

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