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Politik: Auf Treu und Glauben

Die Nachricht war geeignet, ein schlechtes Licht auf die Arbeit des grünen Vizekanzlers Joschka Fischer zu werfen: Der deutsche Außenminister habe bei einem Treffen mit seinen EU-Kollegen in Brüssel Forderungen nach mehr deutscher Entwicklungshilfe zurückgewiesen, meldeten am Montag Nachrichtenagenturen. Die EU-Kommission hatte vorgeschlagen, bis 2006 die nationale Mindestquote aller EU-Staaten auf 0,33 Prozent des Bruttosozialprodukts und damit den EU-Durschnitt auf 0,39 Prozent zu steigern.

Von Hans Monath

Die Nachricht war geeignet, ein schlechtes Licht auf die Arbeit des grünen Vizekanzlers Joschka Fischer zu werfen: Der deutsche Außenminister habe bei einem Treffen mit seinen EU-Kollegen in Brüssel Forderungen nach mehr deutscher Entwicklungshilfe zurückgewiesen, meldeten am Montag Nachrichtenagenturen. Die EU-Kommission hatte vorgeschlagen, bis 2006 die nationale Mindestquote aller EU-Staaten auf 0,33 Prozent des Bruttosozialprodukts und damit den EU-Durschnitt auf 0,39 Prozent zu steigern. Die spanische EU-Präsidentschaft warb für einen Kompromiss, der nur eine kollektive Selbstverpflichtung Europas enthält. Grafik: Ausgaben für die Dritte Welt Obwohl das Protokoll der Sitzung angeblich Deutschlands generelle Ablehnung von Zeitplan und Steigerungsrate verzeichnet, widersprach der Sprecher des Auswärtigen Amtes, Andreas Michaelis, den Berichten am Mittwoch entschieden: Vielmehr habe Fischer deutlich gemacht, dass die Bundesregierung mit dem spanischen Vorschlag gut leben könne und vor einem bindenden Ja lediglich noch Zeit zur Abstimmung innerhalb der Ressorts brauche, versicherte er. Viel Zeit allerdings bleibt nicht mehr: Am Freitag und Samstag beraten die Regierungschefs in Barcelona, und dort wollen sie auch eine einheitliche europäische Linie für die "Internationale Konferenz zur Entwicklungsfinanzierung" festlegen, die am Montag darauf im mexikanischen Monterrey beginnt. Finanzminister Hans Eichel (SPD) sperre sich mit Rücksicht auf die europäischen Stabilitätskriterien massiv gegen konkrete neue Zusagen für mehr Entwicklungshilfe, heißt es in Koalitonskreisen. Doch Berlin ist weit entfernt vom Ziel, 0,7 Prozent des Bruttoinlandsprodukts für die armen Länder aufzuwenden, zu dem sich deutsche Regierungen immer wieder verpflichtet haben und zu dem sich auch die rot-grüne Koalition ausdrücklich bekennt.

Der spanische Vorschlag ist damit ein Test der Glaubwürdigkeit rot-grüner Entwicklungspolitik, der nach dem 11. September ein ganz besonderer Stellenwert zukommen sollte: Gerade weil sich ein großer Teil von SPD und Grünen mit dem militärischen Beitrag zur Terrorbekämpfung so schwer taten, versprachen Kanzler und Außenminister, sie wollten die Entwicklungspolitik aufwerten. Die Koalition verabschiedete mit dem Bundewsehr-Beschluss am 16. November einen Entschließungsantrag, in dem sie eine schrittweise Umsetzung des 0,7-Prozent-Ziels und ein "Bündnis für globale Gerechtigkeit" verlangte. Die Monterrey-Konferenz zur Entwicklungsfinanzierung bezeichnete dieser Beschluss ausdrücklich als "gute Gelegenheit, dieses Bündnis durch konkrete Beschlüsse voranzubringen".

Der Vorschlag der EU-Präsidentschaft werde von der Regierung wohl nicht unverändert übernommen, sondern "modifiziert", hieß es am Mittwoch dagegen von Entwicklungspolitikern der Koalition. Das Spardiktat des Finanzministers, so die Erwartung, werde nicht ohne Wirkung bleiben. Ungewöhnlich zurückhaltend geben sich SPD- und Grünen-Entwicklungspolitiker. "Wir sind dabei, Formulierungen zu finden, mit denen wir uns nicht blamieren", beschreibt eine Abgeordnete das Ziel.

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