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Politik: Auf verlorenem Posten

Der große Verlierer der amerikanischen und britischen Militärschläge gegen Irak ist die irakische Bevölkerung.Viele Menschen verlieren ihr Leben.

Der große Verlierer der amerikanischen und britischen Militärschläge gegen Irak ist die irakische Bevölkerung.Viele Menschen verlieren ihr Leben.Der zweite Verlierer sind die Vereinten Nationen (UNO) und ihr oberster Repräsentant Kofi Annan.Sie verlieren Gesicht und Glaubwürdigkeit.Denn Kofi Annan, der im Dezember 1996 als Nachfolger des Ägypters Boutros Boutros Ghali zum UNO-Generalsekretär gewählt wurde, hatte sich seit einem Jahr unter größtem persönlichen Engagement dafür eingesetzt, einen Angriff auf Irak zu verhindern und zwischen den USA und dem irakischen Widersacher zu vermitteln.Im Februar sowie im November dieses Jahres war ihm dies gelungen.Mit dieser diplomatischen Meisterleistung stieg auch das Ansehen der UNO, über deren neue Rolle nach dem Ende des Kalten Krieges lange Zeit Ratlosigkeit geherrscht hatte.Seit Mittwoch abend ist jedoch klar, daß die Vereinten Nationen ein hübsches Spielzeug sind, die USA jedoch nicht daran denken, sich diesem Gremium unterzuordnen.So erfuhr Kofi Annan während einer Sitzung des Sicherheitsrates zu Irak aus dem Fernsehen, daß bereits Bomben auf Bagdad fallen.Die der UNO unterstellten Waffeninspektoren waren auf Geheiß der USA abgezogen worden.Die von Annan noch am Nachmittag veröffentlichten Vorschläge, wie mit Irak nach der Abgabe des Berichts von UNSCOM-Chef Butler umgegangen werden könne, sahen ausdrücklich keine militärische Reaktion vor.Eine größere Demütigung ist kaum denkbar.

Der aus Ghana stammende Annan, der auf Druck der USA gegen den Willen Frankreichs auf seinen Posten gelangte, erkannte diese Niederlage denn auch sofort an: "Dies ist der traurigste Tag für die Vereinten Nationen und den Rest der Welt.Es ist auch ein sehr trauriger Tag für mich persönlich." Dieser Schlag ins Gesicht des 60jährigen Diplomaten, der seit 1962 seine berufliche Laufbahn fast ausschließlich im Dienste der UNO zurückgelegt hat, ist unverdient.Denn auch die stärksten UNO-Kritiker in den USA erkannten Annans Leistung im Hinblick auf die Reform der behäbigen Organisation an.Sein kollegialer und offener Umgang wird allgemein geschätzt.Unbestritten ist auch das Verhandlungsgeschick Annans.Dies bewies er zuvor bereits als UNO-Untergeneralsekretär für Friedenssicherung sowie als Bosnien-Sonderbeauftragter in Zagreb.Und im Konflikt mit Irak verstand er als einziger, auf die Forderung Bagdads nach einem Minimum von Respekt einzugehen.Das kostete nicht viel und verhinderte einen Krieg.Sein Wort gilt dank Clinton in Zukunft nicht mehr genausoviel.

ANDREA NÜSSE

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