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Politik: Aufgeheiztes Kabinettsklima

Das Vorzeigeprojekt des Umweltministers muss vor der Klausur in Meseberg Kritik aushalten

Berlin - Union und SPD rüsten sich für die Kabinettsklausur Ende der Woche im brandenburgischen Meseberg: Im Kanzleramt kam am Montagabend die sogenannte Viererrunde, bestehend aus CDU-Chefin Angela Merkel, CSU-Chef Edmund Stoiber, SPD-Chef Kurt Beck und Vizekanzler Franz Müntefering (SPD) zusammen, um über die Vorhaben der Koalition in der zweiten Hälfte der Wahlperiode zu beraten. Vor dem Treffen traten erneut erhebliche Differenzen zwischen beiden Partnern zutage, etwa bei den Themen Klimaschutz und Fachkräftemangel.

SPD-Chef Kurt Beck knüpfte die Zustimmung seiner Partei zum Zuzug von Fachkräften aus mittelosteuropäischen EU-Ländern an Bedingungen. Bevor der Arbeitsmarkt weiter geöffnet werde, müsse „nachgewiesen werden, dass optimal ausgebildet wird“, sagte Beck. Zugleich kündigte er an, bei den Gesprächen im Kanzleramt die Einführung eines Mindestlohnes für die Branche der Postdienstleister zu verlangen. Außerdem müsse das Briefmonopol der Post verlängert werden, mahnte Beck.

Unterdessen setzten Umweltminister Sigmar Gabriel (SPD) und Wirtschaftsminister Michael Glos (CSU) ihren Streit um das Klimaschutzprogramm fort. Im Zentrum der Auseinandersetzung standen die Kosten für Bürger und Wirtschaft. Gabriel warf seinem Kabinettskollegen vor, er habe mit 70 Milliarden Euro „eine völlig absurde Horrorzahl“ vorgelegt. Das Wirtschaftsministerium habe einfach die eingesparten Energiekosten ignoriert und nicht gegengerechnet. Der Wirtschaftsminister seinerseits bemühte noch einmal die Zahlen: Die von Gabriel geplante Kopplung der Strom-Steuerbegünstigung energieintensiver Branchen an moderne Energiemanagementsysteme würde die Wirtschaft um bis zu 500 Millionen Euro oder mindestens 5000 Euro pro Unternehmen belasten. Zudem brächten die neuen Systeme keinen Nutzen. Die Unstimmigkeiten zwischen beiden Ressorts sollen bis Donnerstag ausgeräumt werden, kündigte ein Regierungssprecher an.

Gabriel will auf Schloss Meseberg nach eigenem Bekunden „das größte Klima- und Energiepaket“ präsentieren, das es in der Bundesrepublik je gegeben hat. Allein im Jahr 2008 werde die Bundesregierung rund 2,6 Milliarden Euro für Klimaschutz ausgeben. Umweltverbände kritisierten die Maßnahmen am Montag jedoch als unzureichend. „An den wirklich entscheidenden Punkten zielt das 30-Punkte-Papier mehr auf Konfliktvermeidung als auf Klimaschutz“, kritisierte die Deutsche Umwelthilfe. Ohne Nachbesserung des Programms werde die Koalition ihr Ziel weit verfehlen, in Deutschland die Treibhausgasemissionen bis 2020 um 40 Prozent im Vergleich zu 1990 zu senken. Insbesondere erkläre die Koalition nicht, wie es mit dem Handel mit CO2-Verschmutzungsrechten nach 2012 weitergehen soll, kritisierte die Umwelthilfe. Auch die Schwerpunktsetzung bei der Eindämmung der CO2-Belastung des Verkehrssektors sei falsch. Nicht etwa die Automobilindustrie, sondern die Landwirte sollten mit dem Anbau von Energiepflanzen den Löwenanteil zu der im April angekündigten CO2-Minderung von 30 Millionen Tonnen leisten.

Die Grünen warfen der Regierung mangelnden Reformwillen in ökologischen und sozialen Fragen vor. Dagegen sagte Unionsfraktionschef Volker Kauder, die Koalition werde in Meseberg Handlungsfähigkeit demonstrieren. has/Tsp

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