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Politik: Aufgepasst

Hochwasser, Artensterben, Gesundheitsgefahren: Umweltbundesamt warnt vor Folgen des Klimawandels

Berlin - Dass wir mitten im Klimawandel sind, ist für den Chef des Umweltbundesamts, Andreas Troge, gar keine Frage. Deshalb sei es „höchste Zeit, sich auf die Folgen vorzubereiten“, sagte Troge. In einem Hintergrundpapier, das dem Tagesspiegel vorliegt, stellt das Umweltbundesamt (UBA) gestützt auf zwei neue Studien fest, dass vor allem Ostdeutschland, der Oberrheingraben und die Alpen durch den Klimawandel gefährdet sind.

„Die Winter werden wärmer, vor allem in Süddeutschland“, sagt Troge. Außerdem werden die Winter feuchter. Doch die Niederschläge fallen immer seltener als Schnee. Die größten Gefahren drohen in Deutschland jedoch durch Hochwasser. An der Küste durch Sturmfluten und den steigenden Meeresspiegel, an den Flusssystemen durch Starkregen. Dagegen helfen nur mehr Überschwemmungsflächen, der Verzicht auf die Besiedelung flussnaher Gebiete und höhere Deiche.

Troge erwartet durch den Klimawandel gravierende Folgen für verschiedene Wirtschaftszweige. Am einfachsten sei die Anpassung vermutlich für die Landwirtschaft, meint Troge. Zwar sind die Erträge beim Getreide in Ostdeutschland und Süddeutschland im Hitzesommer 2003 um rund zwölf Prozent zurückgegangen. Doch gebe es dürreresistente Alternativen aus konventioneller Züchtung „oder auch gentechnisch veränderte Sorten“. Allerdings schränkt er ein: „Ich empfehle das nicht. Aber wenn es Bedarf gibt, steigt auch der Druck auf die Einführung.“ Mehr Schwierigkeiten dürfte aus seiner Sicht die Forstwirtschaft bekommen. Es gebe zum Beispiel bereits Regionen, in denen Fichtenwälder nicht mehr gewinnbringend bewirtschaftet werden könnten.

Bei der Artenvielfalt erwartet Troge bis 2080 einen durchschnittlichen Rückgang um etwa 30 Prozent. „Die Flora-Fauna-Habitat-Richtlinie der EU ist ein wichtiger Beitrag zur Anpassung an den Klimawandel“, sagt er. Die Vernetzung von Lebensräumen ermögliche es Tieren und Pflanzen aus für sie ungünstigen in günstigere Gebiete zu wandern.

Wassermangel ist in Deutschland eher selten. Aber: Wenn es im Winter häufiger regnet, werden die Grundwasserspeicher nicht ausreichend aufgefüllt, weil das Wasser zu schnell abfließt. Wenn es zudem im Sommer weniger regnet, kann salzhaltiges Wasser aus dem Untergrund ins Grundwasser drücken. In Berlin hat das schon zur Schließung eines Trinkwasserbrunnens geführt. Außerdem steht während einer Hitzewelle nicht mehr genügend Kühlwasser für große Kraftwerke zur Verfügung. Werden aber Techniken zum Kühlwassersparen eingesetzt, sinkt der Wirkungsgrad und die Treibhausgasemissionen steigen. Die Alternative seien Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen, in denen weniger Kühlwasser gebraucht werde, sagt Troge. Außerdem müssten „die Marktzutrittsschranken für neue Anbieter von Energie“ sinken, nicht nur für erneuerbare Energien, sondern auch für ernergieintensive Unternehmen, die eigene Kraftwerke betreiben. „Weitgehend standardisierte Genehmigungen können die Genehmigungszeiten verkürzen.“

Die Hitze im Sommer gefährde nicht nur Herz-Kreislauf-Patienten, sagt Troge. Auch von Mücken übertragene Krankheiten könnten sich nach Norden ausbreiten und neue Gesundheitsgefahren mit sich bringen. Schon jetzt breite sich die von Zecken übertragene Borreliose schneller aus als noch vor Jahren.

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