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Politik: Aufstand der Extremisten

Nach den Gesprächen zwischen Scharon und Abbas gehen israelische Siedler und Nationalisten auf die Straße

Von Charles A. Landsmann,

Tel Aviv

Höchste Alarmstufe für die israelischen Sicherheitsorgane und insbesondere die Leibwächter des Ministerpräsidenten Ariel Scharon: Die Gefahr eines Attentats auf den Regierungschef durch rechtsextreme isreelische Nationalisten ist nach dem Dreier-Gipfel von Akaba gewaltig gestiegen. Aus Geheimdienstkreisen verlautete am Donnerstag, dass die Gefahr für Scharons Leben unmittelbar zugenommen habe, nachdem der Regierungschef Kontakt zum palästinensischen Ministerpräsidenten Mahmud Abbas aufgenommen hatte. Seit Scharon dem Nahost-Fahrplan zum Frieden zustimmte, habe diese Gefahr noch einmal zugenommen, hieß es. Auch für verschiedene Minister ist eine Verstärkung des Personenschutzes vorgesehen.

Befürchtet wird eine weitere Radikalisierung der rechtsextremen Szene auf Grund der bevorstehenden Räumungen von illegalen Siedlungs-Außenposten und nicht zuletzt wegen umstrittener Äußerungen und Veröffentlichungen einflussreicher Siedler-Rabbiner und deren nationalistischen Kollegen. Die „Vereinigung der Rabbiner für Erez Israel" hatte zu Beginn der Woche einen Aufruf veröffentlicht, wonach keine Regierung das Recht habe, einen fremden Staat in „Erez Israel“ (Groß-Israel) auszurufen oder anzuerkennen und Teile von „Erez Israel“ an Fremde abzugeben.

Staatspräsident Mosche Katzav verurteilte am Donnerstag den Aufruf, „der niemals hätte gemacht werden dürfen": Die Regierung sei demokratisch gewählt und fälle legale Entscheidungen, erklärte der Präsident. Beim Schabak-Geheimdienst rechnet man auch mit gewaltsamen Widerstand gegen die Räumung von Siedlungs-Außenposten durch den radikalen Siedler-Nachwuchs. Bereits in der kommenden Woche sollen rund 20 der insgesamt über 100 illegalen Siedlungs-Außenposten von der Armee geräumt werden.

Rechtsextreme haben in den letzten Tagen in Jerusalem Slogans gegen den Friedens-Fahrplan, gegen Scharon und selbst gegen die nationalistischen Minister an Häuserwände gesprüht. Die betreffenden Minister seien Verräter, war da zu lesen, und: „Der Fahrplan zeigt den Weg nach Auschwitz".

In der Nacht zum Donnerstag hatten rund 50 000 Siedler und Nationalisten in Jerusalem gegen die Regierung und den Friedensfahrplan demonstriert – auf dem gleichen Platz, auf dem die Rechte unmittelbar vor der Ermordung des damaligen Regierungschefs Jitzchak Rabin gegen die Politik der Aussöhnung mit den Palästinensern demonstriert hatten. Im Gegensatz zu damals, als praktisch die gesamte Führung des „Nationalen Lagers", darunter auch Ariel Scharon, der Masse eingeheizt hatte, weigerten sich diesmal die meisten führenden nationalistischen Politiker allerdings, an der Kundgebung teilzunehmen.

Israels Verteidigungsminister Shaul Mofas drohte unterdessen bereits, dass Israel den Terror bekämpfen werde, falls die Palästinenser dazu nicht in der Lage seien. Immerhin stellte ein hoher israelischer Offizier fest, dass es erste Anzeichen einer Terrorbekämpfung auf palästinensischer Seite gebe. Für eine Entwarnung ist es aber viel zu früh: Die Warnungen vor möglichen palästinensischen Anschlägen kursierten auch am Donnerstag.

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