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Zehntausende Menschen haben sich in Islamabad zum Protest zusammengefunden.

© Reuters

Aufstand in Pakistan: Hoffen auf das Militär

Zum ersten Mal könnte eine pakistanische Regierung die volle Amtszeit an der Macht bleiben. Doch der islamische Prediger, der zehntausende Menschen vor dem Parlament versammelt hat, verlangt die Auflösung des Parlaments. Indes ist der Premierminister Ashraf abgetaucht und das Militär könnte die Macht ergreifen.

Sie haben Vorräte dabei und Decken für die eiskalten Winternächte. Den dritten Tag in Folge campierten zehntausende Menschen am Mittwoch vor dem Parlament in Pakistans Hauptstadt Islamabad, um den Rücktritt der Regierung zu erzwingen. Premierminister Raja Pervez Ashraf scheint abgetaucht zu sein. Am Vortag hatte das Höchste Gericht wegen alter Korruptionsfälle seine Festnahme angeordnet – und damit den Demonstranten den Rücken gestärkt.

Angeführt wird die Protestwelle, die größte seit Jahren, vom Prediger Tahirul Qadri, der im Dezember aus Kanada zurückgekehrt war. Er setzte der Regierung eine Frist: Bis Donnerstag müsse sie das Parlament auflösen. Auch der frühere Kricket-Star und heutige Politiker Imran Khan stützte die Forderungen Qadris. „Das ist auch unsere Agenda.“

Hinter beiden Männern vermuten Analysten das Militär, das einen offenen Putsch scheut, aber wieder mehr Einfluss will. Bisher wirkt Präsident Asif Ali Zardarij, der auch die Regierungspartei PPP führt und der wirklich mächtige Mann in Pakistan ist, jedoch wild entschlossen, die Machtprobe auszusitzen. Spätestens im Mai stehen Neuwahlen an. Erstmals in der Geschichte des Landes, das die Hälfte der Zeit seines Bestehens vom Militär regiert wurde, hätte dann eine gewählte Regierung die volle Amtszeit geschafft. Doch nun sieht sich die Regierung als Opfer eines verdeckten Putsches. Militär und Gericht würden Hand in Hand arbeiten, um die Regierung zu stürzen, empörte sich Fawad Chaudhry, ein Intimus von Premier Ashraf. Ähnliches glaubt die angesehene Bürgerrechtlerin und Juristin Asma Jahangir: Es sei kein Zufall, sondern eine Verschwörung gewesen, dass das Oberste Gericht die Festnahme Rajas zeitgleich mit den Protesten verkündet habe, sagt sie. Außenministerin Hina Rabbani Khar stichelte, Qadri sei auch Staatsbürger Kanadas. Das könne nichts Gutes heißen.

Qadri bestreitet, dass er ein Strohmann des Militärs oder gar der USA sei. Doch zugleich preist er das Militär und die Justiz offen als die einzigen funktionierenden Institutionen in Pakistan. An der Regierung lässt er dagegen kein gutes Haar. Diese sei auch an der wachsenden Gewalt schuld. Wegen ihrer Unfähigkeit sei keine nationale Politik gegen Terrorismus umgesetzt worden.

Der Feldzug des Predigers gegen die korrupte Politelite spaltet das Land. Zwar sind sich fast alle einig, dass die Regierung versagt hat. Fünf Jahre nach ihrem Antritt ist die Bilanz bitter: Die Gewalt explodiert, die Armut wächst, nur die Korruption blüht. Doch die Nation ist uneins, wer den Staat aus der Krise wuchten kann. Die einen halten Qadri nur für einen Einpeitscher, der einem „Putsch light“ den Weg bahnen soll – in Form einer Übergangsregierung, die vom Militär dirigiert wird. Sie werfen den Generälen vor, die Demokratie aushebeln zu wollen. Andere trauen der Politelite nicht mehr zu, das Land auf Kurs zu bringen – und hoffen auf das Militär.

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