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Politik: Ausbildungspakt – ohne Garantie

Wirtschaft verspricht jedem Jugendlichen ein Angebot, keine Stelle / Clement: Mehr ist nicht zu erreichen

Berlin - Nach wochenlangen Verhandlungen haben Bundesregierung und Wirtschaft einen Ausbildungspakt mit drei Jahren Laufzeit unterzeichnet. Die Partner verpflichten sich „gemeinsam und verbindlich allen ausbildungswilligen und ausbildungsfähigen jungen Menschen ein Angebot zu unterbreiten“. Es sei „ein guter Tag für die jungen Leute in Deutschland“, sagte Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) am Mittwoch.

Die Wirtschaft verpflichtet sich, im Jahresdurchschnitt 30 000 neue Lehrstellen zu schaffen. Die Gesamtzahl an Ausbildungsplätzen erhöht sich dadurch aber nicht automatisch. Neue Lehrstellen sollen vor allem die Ausbildungsplätze kompensieren, die bei Betrieben aus wirtschaftlichen Gründen wegfallen. Eine Garantie für eine feste Zahl zusätzlicher Lehrstellen wäre „getäuscht und getrickst“, sagte der Hauptgeschäftsführer des Arbeitgeberverbands BDA, Reinhard Göhner, dem Tagesspiegel. Die Unternehmen wollen außerdem 25 000 Betriebspraktika für Jugendliche anbieten, die nicht auf Anhieb eine Lehrstelle finden. Finanziert werden diese Praktika vor allem aus Steuermitteln.

Regierung und Wirtschaft sprechen sich in dem Pakt dafür aus, die gesetzliche Ausbildungsplatzumlage bis Herbst 2005 in der Schwebe zu lassen. Der Bundesrat hatte das Gesetz, mit dem ausbildungsunwillige Betriebe zur Kasse gebeten werden sollten, kürzlich in den Vermittlungsausschuss überwiesen. 2005 soll entschieden werden, ob der Pakt fortgeführt oder die Umlage per Gesetz doch noch beschlossen wird.

Wirtschaftsminister Wolfgang Clement (SPD) äußerte sich überzeugt, dass der Pakt die Lehrstellenlücke schließen kann. „Mehr kann man nicht erreichen“, sagte Clement. Die Grünen bezeichneten die Unterzeichnung des Ausbildungspakts als großen Erfolg für SPD- Chef Müntefering. Der Pakt könne ein „wunderbares Beispiel“ werden, wie „Bürokratie durch partnerschaftliches Handeln ersetzt wird“, sagte DIHK- Präsident Ludwig Georg Braun. Für die Umsetzung sei allerdings noch eine „besondere Anstrengung“ notwendig.

Die Gewerkschaften haben zum Teil erbost auf den Ausbildungspakt reagiert. „Die Verantwortung der Unternehmer wird bei den Gewerkschaften abgeladen“, schimpfte IG-Metall-Chef Jürgen Peters am Mittwoch in Berlin. Der Metaller regte sich über eine Textpassage im Ausbildungspakt auf, in der die Tarifparteien aufgefordert werden, „zusätzliche Anreize zur Ausbildung zu schaffen und bestehende Hindernisse abzubauen“. Der stellvertretende Vorsitzende der Dienstleistungsgewerkschaft Verdi, Frank Werneke, sprach von einem „weiteren Glaubwürdigkeitsverlust“ der Bundesregierung. Verdi werde die Kooperation mit „sozialen Bewegungen“ intensivieren, um mit einem „breiten Bündnis Einfluss zu nehmen“, sagte er dem Tagesspiegel.

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