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Politik: Ausgeschlossen

In Frankreich wollen Schülerinnen Kopftuch tragen – trotz Verbots

In Frankreich wird schon monatelang erbittert über das Kopftuch gestritten. Jetzt könnte es einen neuen Höhepunkt in der Auseinandersetzung geben: Seit Anfang der Woche sind nämlich drei Schülerinnen vom Unterricht ausgeschlossen, zwei von ihnen droht sogar ein Verweis von der betreffenden Schule. Der Grund: Sie weigern sich beharrlich, ihr Kopftuch beim Betreten des Schulgebäudes abzulegen.

Der Fall macht in Frankreich, wo sechs Millionen Muslime leben, auch deshalb Schlagzeilen, weil zwei Schwestern – sie leben in einem Pariser Vorort – aus einer religiös nicht praktizierenden Familie kommen. Der Vater ist jüdischer Herkunft, die Mutter eine christlich getaufte Algerierin. Die beiden Mädchen, 16 und 18 Jahre alt, hatten gegen den erklärten Willen ihrer Eltern am Tragen der Kopfbedeckung festgehalten und wollen jetzt gegen den Schulausschluss vor Gericht klagen. Bei der dritten Schülerin handelt es sich um eine zwölfjährige Türkin, die am Unterricht in einer Mittelschule im elsässischen Thann nicht mehr teilnehmen darf.

Die Zuspitzung des Kopftuchkonflikts in Frankreich war absehbar. Hier ist der Tenor der Debatte aber ein anderer als in Deutschland: Das demonstrative Tragen religiöser Symbole ist in den Schulen laut Verfassung wegen der strengen Trennung von Staat und Kirche verboten, weshalb beispielsweise Lehrerinnen der islamische Schleier grundsätzlich untersagt ist. Bei Schülerinnen wurden seit dem Verfassungserlass 1994 hin und wieder Ausnahmen gemacht – dann nämlich, wenn das umstrittene Stück Stoff dezent getragen wurde. Auch das Zur-Schau-Stellen anderer religiöser Symbole – christliches Kreuz, jüdische Kippa – im Unterricht ist untersagt.

Die Reaktionen auf die Schulverweisung der drei Mädchen sind sehr unterschiedlich. Während der gemäßigte Zentralrat der Muslime im Sommer das Verbot billigte, sprachen streng traditionelle Muslimverbände von einer „neuen Apartheid an Frankreichs Schulen“. Auch die linke „Bewegung gegen Rassismus und für Völkerfreundschaft“ (MRAP) verurteilte den Beschluss. Die Mädchen selbst räumten allerdings in einem Interview ein, nicht viel über den Islam zu wissen, den Koran nicht gelesen zu haben und nicht arabisch zu sprechen. Dies ließ den Verdacht aufkommen, die Schwestern seien von fundamentalistischen Gruppen manipuliert worden. Inzwischen ist es nicht mehr ausgeschlossen, dass die konservative Pariser Regierung ein neues Gesetz zum Tragen religiöser Zeichen an den Schulen erlässt. Denn gerade die Schulleiter fordern eines: klare Regeln.

Sabine Heimgärtner[Paris]

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