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Ausländerfeindlichkeit: Vom Rand in Richtung Mitte

Studie warnt vor rechtsradikalem Weltbild.

Von Frank Jansen

Berlin - Die Wissenschaftler sind erschrocken. „Es gibt einen dramatischen Anstieg der Ausländerfeindlichkeit in den neuen Bundesländern“, sagt Elmar Brähler, Leiter der Abteilung für Medizinische Psychologie und Medizinische Soziologie an der Universität Leipzig. Fast 39 Prozent der Ostdeutschen, gerade auch jüngere, dächten „manifest ausländerfeindlich“, obwohl der niedrige Anteil an Migranten nicht gestiegen sei. Dieser Befund ist eine zentrale Aussage der Studie „Die Mitte im Umbruch“, die Brähler und zwei Kollegen am Montag in Berlin bei der SPD-nahen Friedrich-Ebert-Stiftung (FES) vorgestellt haben.

Das 142-Seiten-Werk zu „rechtsextremen Einstellungen in Deutschland 2012“ erstellten die Forscher anhand einer repräsentativen Befragung von mehr als 2500 Menschen durch das Berliner Meinungsforschungsinstitut Usuma. Die Wissenschaftler widmen sich dem Thema seit 2002. Vier Jahre später gab es die erste „Mitte-Studie“, sie wird alle zwei Jahre im Auftrag der FES aktualisiert.

In der nun vorgelegten Untersuchung heißt es sogar, 53,9 Prozent der Ostdeutschen stimmten dem Satz zu, „die Ausländer kommen nur hierher, um unseren Sozialstaat auszunutzen“. Im Westen dächten so 31,4 Prozent. Für Brähler ist die Zunahme der Ausländerfeindlichkeit im Osten zudem das Merkmal einer brisanten Tendenz.

Seit 2002 habe sich der Prozentsatz der Ostdeutschen mit „geschlossenem rechtsextremen Weltbild“ fast verdoppelt – von 8,1 Prozent auf jetzt 15,8. Allein von 2010 bis zu diesem Jahr ist laut Studie ein Anstieg um mehr als fünf Prozent zu verzeichnen.

Im Westen der Bundesrepublik hingegen gab es in dieser Zeit eine leichte Abnahme von 7,6 auf 7,3 Prozent. Doch durch den Anstieg in Osten wuchs die gesamtdeutsche Zahl der Personen mit fester rechtsextremer Einstellung um 0,8 Prozent auf neun Prozent.

Ein weiterer Hinweis auf eine Zunahme „rechter“ Ansichten in den neuen Bundesländern bieten die Antworten zu antisemitischen und sozialdarwinistischen Parolen. 16 Prozent der Befragten meinen, „die Juden arbeiten mehr als andere Menschen mit üblen Tricks, um das zu erreichen, was sie wollen“. Im Westen sind es kaum weniger – doch antijüdische Ressentiments waren da bis 2010 stärker verbreitet. Und 22,7 Prozent der Ostdeutschen glauben, „eigentlich sind die Deutschen anderen Völkern von Natur aus überlegen“. In den alten Ländern äußern das 16,5 Prozent.

Bei der Suche nach Gründen für die Stimmung in Teilen des Ostens verweisen die Forscher auf Arbeitslosigkeit und weitere „sozioökonomische Strukturmerkmale“. In der Studie ist von „zurückgelassenen Regionen“ die Rede. Immerhin befürworten 92,1 Prozent der Ostdeutschen die Demokratie als Idee, im Westen 95,5 Prozent. Aber im Osten sind nur 34 Prozent damit zufrieden, wie die Demokratie funktioniert. Bei den Westdeutschen sind es 54,8. Frank Jansen

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