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Peter Maffay

© dpa

Auslandseinsätze: Ein Lied, zwo, drei, vier

Wer monatelang in der Wüste Dienst schiebt, dürstet nach Ablenkung. Von Potsdam aus koordiniert die Bundeswehr die Betreuung der Truppen im Ausland. Im Einsatz waren unter anderem schon Peter Maffay, die No Angels und Gunter Gabriel - mit dem möchte man jetzt aber nicht mehr zusammenarbeiten.

Gunter Gabriel hat seinen Auftritt im Kosovo in bester Erinnerung. "Am Anfang hatte ich noch ein wenig Muffensausen, ob die jungen Leute überhaupt wissen, wer ich bin", sagt der 66-jährige Countrysänger, der 2005 auf Einladung der Bundeswehr ein halbes Dutzend Konzerte für die dort stationierten Soldaten spielte. Die Sorgen waren aber unbegründet. "Am Ende stürmten die Leute die Bühne und tanzten Polonaise", erinnert er sich.

Ob der Musiker, der mit "Es steh ein Haus im Kosovo" der Truppe sogar ein Lied schrieb, noch mal zum Unterhaltungseinsatz an die Front darf, ist allerdings fraglich. Gerüchten zufolge habe sich die Band des Countrybarden damals unter Einfluss von Alkohol ein wenig daneben benommen und sich so den Zorn der Truppe zugezogen.

Große Aufgabe, kein Budget

"Mit Herrn Gabriel werden wir wohl nicht mehr zusammenarbeiten", bestätigt Dominik Kümmel. Weiter möchte er die Sache nicht kommentieren. Der 28-jährige Hauptmann arbeitet beim Einsatzführungskommando der Bundeswehr im Sachgebiet Betreuung im Einsatz. Im Klartext: Kümmel und drei Mitarbeiter kümmern sich von der Potsdamer Henning-von-Tresckow Kaserne aus um die Betreuung der Truppe. 38 Auftritte von Künstlern gab es 2008 bei Isaf, Eufor und Kfor, in Afghanistan, Ex-Jugoslawien und Kosovo. Die offizielle Erklärung der Bundeswehr zum Ziel der Aktion: "Die Betreuungsmaßnahmen werden durchgeführt, um die Soldatinnen und Soldaten sowie zivilen Mitarbeiter in den Einsatzkontingenten von den psychischen und physischen Belastungen des Alltags abzulenken und ihnen ein Stück Heimat zu vermitteln".

Mitunter keine leichte Aufgabe. Während Kümmels Kollegen von der amerikanischen USO (United Service Organisation) und der britischen CSE (Combined Services Entertainment) mit viel Geld Stars wie Bruce Willis, Ex-Spice Girl Geri Halliwell und Bands wie The Stranglers aufbieten können, sind die musikalischen Rekrutierungsmöglichkeiten der Bundeswehr relativ begrenzt. Ein eigenes Budget hat Kümmel nicht, ergo gibt es auch keine Gagen. "Wir zahlen abgesehen von Transport und Verpflegung nicht für die Einsätze", sagt Kümmel. "Das heißt, dass wir bei Bands wie beispielsweise Silbermond oder Juli ziemlich wenig Aussicht auf Erfolg haben." Da habe es bisher meist Absagen gegeben.

Journalisten müssen draußen bleiben

Zusagen gab es in den vergangen Jahren aber unter anderem von den No Angels oder Xavier Naidoo. Im Mai 2008 besuchte der bodygebuildete Schauspieler Ralf Möller die Soldaten in Afghanistan und brachte Fitnessgerätschaften und seinen Film "Gladiator" mit. 2005 spielte der Rockveteran Peter Maffay im afghanischen Camp Warehouse auf.

Wie das war, davon berichtet Maffay (ganz Rockstar in schwarzer Lederhose und weißem Hemd) zusammen mit Bundesverteidigungsminister Jung (ganz Staatsmann im schwarzen Anzug) am Freitagnachmittag im Berliner Verteidigungsministerium. Kamerateams sind angerückt, ein Pulk Journalisten, zwei Dutzend Fotografen sind da. Blitzlichtgewitter. "Zu wissen, was die Streitkräfte in Afghanistan tun, ist wichtig für das Verständnis in Deutschland", sagt Maffay, der selbst nie gedient hat. "Wir wissen zwar, wie lange sich unsere Soldaten dort aufhalten, aber nur wenig über deren Schwierigkeiten. Ich hatte Gelegenheit, bei meinem Auftritt mit einigen Soldaten zu sprechen, und ich hatte den Eindruck, dass sie jede Bindung nach Deutschland gut brauchen können." Wie die Soldaten des deutschen Einsatzkontingents im Norden Afghanistans dazu stehen, erfährt die Öffentlichkeit dann aber nicht: Bei der Life-Schalte mit Mazar-i-Sharif müssen die Journalisten draußen bleiben.

Dankbar für alles, was einen vom Alltag ablenkt

Hauptmann Kümmel jedenfalls sagt, dass das Maffaykonzert ein voller Erfolg gewesen sei. Dass man mit Altrockern dieses Kalibers ein wenig an dem häufig deutlich unter 30-Jahre alten Publikum vorbei plane, die Erfahrung habe er nicht gemacht. Aber auch nur lokal bekannte Bands, die über private Kontakte von Soldaten vermittelt wurden, würden gern gebucht und kämen gut an. Aus Sicherheitsbedenken sage zwar gelegentlich jemand ab, aber in er Regel würden die kleinen Bands sich freuen, mal vor, wie Kümmel es nennt, "2000 internationalen Gästen" aufzutreten.

Ansonsten folge man bei der Buchung und Planung dem gesunden Menschenverstand: Einer Einheit aus dem Süden schicke man dann keine Band aus Norddeutschland, zu älteren Einheiten keine Darkmetalband. Was immer gut funktioniere, seien Coverbands. Und sogar eine Jagdhornbläsertruppe, die zu einem Oktoberfestabend in Afghanistan aufgespielt habe, sei mit großem Hallo aufgenommen worden. "Ich war selbst sieben Monate in Afghanistan", sagt Kümmel. "Sie können mir glauben, da ist man dankbar für alles, was vom Alltag ablenkt."

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