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Auf einer außerordentlichen Sitzung des OIC wurde Syrien aus dem Verband islamischer Staaten ausgeschlossen.

© dpa

Ausschluss aus OIC: Islamische Welt distanziert sich von Syrien

Die islamische Welt geht immer mehr auf Distanz zur syrischen Führung um Präsident Baschar al-Assad und schließt Syrien aus der Organisation für Islamische Zusammenarbeit aus. Die UN spricht erstmals von Kriegsverbrechen in Syrien.

Von Michael Schmidt

Angesichts der anhaltenden Gewalt setzte die Organisation für Islamische Zusammenarbeit (OIC) in der Nacht zu Donnerstag die Mitgliedschaft Syriens vorläufig aus. Der Konflikt in dem Land verschärfte derweil auch die Spannungen im benachbarten Libanon; fünf arabische Golfmonarchien riefen ihre Bürger deshalb auf, den Libanon zu verlassen. Die Teilnehmer des OIC-Sondergipfels im saudi-arabischen Mekka seien sich über die „Notwendigkeit“, die Mitgliedschaft Syriens zu suspendieren, einig geworden, hieß es in der Abschlusserklärung, die in der Nacht veröffentlicht wurde. Die Gewalt in Syrien müsse „unverzüglich“ aufhören. Unter den 57 Mitgliedsländern hatte lediglich der Iran als Verbündeter von Damaskus die Aussetzung der Mitgliedschaft Syriens abgelehnt.

OIC-Generalsekretär Ekmeleddin Ihsanoglu sagte, die Entscheidung der Organisation sei eine „starke Botschaft der islamischen Welt an das syrische Regime“. Ein Land, das sein Volk massakriere und Flugzeuge, Panzer und schwere Artillerie gegen die Zivilbevölkerung einsetze, werde unter den Mitgliedsländern nicht akzeptiert. Bereits am Montagabend hatten die OIC-Außenminister eine Aussetzung der Mitgliedschaft Syriens gefordert.

Die USA lobten den vorläufigen Ausschluss. Die Entscheidung zeige die wachsende internationale Isolation der Führung um Assad, sagte US-Außenamtssprecherin Victoria Nuland. Zugleich verdeutliche sie die breite Unterstützung für das syrische Volk und dessen „Kampf für einen demokratischen Staat“, der Menschenrechte akzeptiere. Syrien war bereits im vergangenen Jahr aus der Arabischen Liga vorübergehend ausgeschlossen worden.

Video: Islamische Staaten schließen Syrien aus

Inmitten des eskalierenden Bürgerkriegs die Vereinten Nationen beiden Seiten erstmals Kriegsverbrechen vorgeworfen. Der am Mittwoch (Ortszeit) in New York veröffentlichte Bericht des UN-Menschenrechtsrats machte Regierungstruppen und ihnen nahestehende Milizen für das Massaker in Huka im Mai verantwortlich, bei dem mehr als 100 Zivilisten getötet wurden. Aber auch die Rebellen hätten in mindestens drei Fällen Kriegsverbrechen verübt, hieß es in dem lange erwarteten Bericht.

Der seit März 2011 andauernde Konflikt wirkt sich inzwischen zunehmend auf den benachbarten Libanon aus. Aufgrund der angespannten Sicherheitslage riefen die Vereinigten Arabischen Emirate, Katar, Bahrain, Kuwait und Saudi-Arabien ihre Bürger am Mittwoch zur Ausreise aus dem Land auf. Angesichts von Unruhen in der libanesischen Hauptstadt Beirut leitete die französische Fluglinie Air France eine aus Paris kommende Maschine nach Zypern um.

Bildergalerie: Tage der Entscheidung

Ruprecht Polenz, Vorsitzender des Auswärtigen Ausschusses des Deutschen Bundestags, begrüßte schon am Mittwoch den möglichen Ausschluss. „Das ist ein wichtiges Signal, dass es in die richtige Richtung geht“, sagte der CDU-Politiker dem Tagesspiegel in Berlin. Er hoffe nun, „dass Russland eher früher als später seine Haltung zu Assad ändert“, sagte Polenz. Denn klar sei: „Erst wenn das Assad-Regime gestürzt ist, kann man von der syrischen Opposition und ihren Vertretern erwarten, dass sie mit einer etwaigen Übergangsregierung kompromissbereit über die Zukunft des Landes verhandeln.“

Der Bürgerkrieg in Syrien in Bildern:

Der Errichtung einer Flugverbotszone über Syrien erteilte Polenz eine Absage. Ein solcher Schritt bedeutete eine „massive militärische Eskalation“ des Konflikts, sagte er. Zudem bedürfte er völkerrechtlich eines UN-Sicherheitsratsbeschlusses, den es aber eben wegen der russischen Verweigerungshaltung nicht geben werde.

Der Grünen-Verteidigungsexperte Omid Nouripour nannte Moskaus Politik eine „fatale Blockade, die eine politische Lösung unmöglich macht“. Nouripour forderte Russland auf, „wenigstens Sanktionen zuzustimmen, damit der UN-Sicherheitsrat wieder handlungsfähig wird“.

SPD-Wehrexperte Rainer Arnold hielte eine Flugverbotszone für „durchaus legitim“, denn „je mehr Flugzeuge und Hubschrauber Assad einsetzt, umso chancenloser sind die Rebellen“. Fürs Erste sei die Bundesregierung schon gut beraten, militärisch zurückhaltend zu agieren – „aber auf Dauer könnte das nicht reichen“, fürchtet Arnold. (mit AFP/dapd)

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