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Aussöhnung mit Deutschland: Tschechien würdigt katholische Kirche

Der tschechische Außenminister Karel Schwarzenberg hat die Verdienste der katholischen Kirche um die Aussöhnung zwischen Tschechen und Deutschen gewürdigt.

Sie habe zu einem „wirklichen Durchbruch“ beigetragen, sagte er auf einem Treffen von Spitzenvertretern der Tschechischen und der Deutschen Bischofskonferenz in Prag. Die Bischöfe erinnerten an einen Briefwechsel, in dem sich die Kirche gleich nach dem Fall des Eisernen Vorhangs für eine Verständigung zwischen beiden Ländern eingesetzt hatte.

„Der von der Kirche gestreute Samen war auf fruchtbaren Boden gefallen“, sagte Erzbischof Robert Zollitsch, der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz. Die Erinnerung an das Leid während des Dritten Reiches, aber auch während der anschließenden Vertreibung der Sudetendeutschen sei Voraussetzung für eine gute Zusammenarbeit in Zukunft. „Die Erinnerung an die Opfer wach zu halten, ist ein Weg, ihre Würde anzuerkennen – und damit auch ein wichtiger Beitrag, die Wunden der Überlebenden und Nachgeborenen zu heilen.“

Hinter dem Treffen der deutschen und tschechischen Bischöfe steht die Ackermann-Gemeinde. Sie wurde nach dem Zweiten Weltkrieg von Heimatvertriebenen gegründet und setzt sich seit Jahrzehnten aus christlicher Perspektive für eine Versöhnung zwischen Deutschen und Tschechen ein. „Inzwischen wird Versöhnung gelebt und über Grenzen und alte Gräben hinweg gestaltet“, sagte Martin Kastler, Europaparlamentarier der CSU und Bundesvorsitzender der Ackermann-Gemeinde. An der Feierstunde in Prag nahmen auch der bayerische Kultusminister Ludwig Spaenle und der Vorsitzende der Sudetendeutschen Landsmannschaft, Bernd Posselt, teil.

Der Besuch von Erzbischof Robert Zollitsch wird in diplomatischen Kreisen als Vorbereitung auf die geplante Prag-Reise von Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer gewertet. Seehofer wäre der erste bayerische Regierungschef überhaupt, der offiziell nach Prag reist. Das Verhältnis war bisher durch Streit vor allem um die Benes-Dekrete belastet, mit denen in Tschechien die Vertreibung von Sudetendeutschen juristisch gerechtfertigt wird.

Die Kirche startete ihre Versöhnungsbemühungen unmittelbar nach dem Fall des Eisernen Vorhangs. Der Prager Kardinal Frantisek Tomasek war einer der ersten, die das deutsch-tschechische Verhältnis nach der politischen Wende thematisierten. In einem Brief an die deutsche Bischofskonferenz betonte Tomasek, dass die Tschechen zu Recht eine Entschuldigung der Deutschen für die Gräueltaten im Zweiten Weltkrieg erwarteten. Als einer der ersten lenkte er jedoch den Blick auch auf die Verbrechen auf tschechischer Seite: „Die Gerechtigkeit erfordert jedoch, dass wir Tschechen nicht den anhaltenden Schmerz der ehemaligen Mitbürger und ihrer Kinder unterschätzen. (...) Diese rechtswidrigen und unmenschlichen Taten (bleiben) ein Schandfleck auf unserer nationalen Ehre. Dieser lässt sich nicht durch Verschweigen oder den Hinweis auf das uns zugefügte Unrecht tilgen, sondern nur durch ein objektives Bekenntnis zur ganzen Wahrheit und durch das Bereuen der eigenen Schuld.“

An der Initiative zur deutsch-tschechischen Versöhnung lasse sich auch die politische Kraft der Kirche ablesen, sagte der Prager Erzbischof Dominik Duka am Donnerstag. „Das gegenwärtige Europa, das eine große Garantie für den Frieden ist, läuft Gefahr zu vergessen, dass Symbole nicht eine bloße Formalität sind. Das einzige Zeichen Europas, der europäischen Kultur und Zivilisation, ist das Kreuz.“ Dukas deutscher Amtskollege Robert Zollitsch sagte, der Briefwechsel zwischen Tschechen und Deutschen sei ein Beispiel dafür, dass Christentum und kulturelle Evolution in Europa eng miteinander verbunden seien. Es komme aber auf das konkrete Zeugnis an, das Christen in der Gesellschaft ablegten, sagte Zollitsch.

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