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Auswärtige Amt: Weltkonflikte in der Schnellübersicht

Wie sich das Auswärtige Amt auf den neuen Chef Guido Westerwelle und dessen Mannschaft vorbereitet.

Von Hans Monath

Das Urteil des Professors über den neuen Außenminister war vernichtend. „Wenn Westerwelle zur Außenpolitik spricht, halte ich mir immer die Ohren zu“, polterte Arnulf Baring am Dienstagabend als Gast in Sandra Maischbergers Talkshow. Was der Politiker dazu von sich gebe, sei „reiner Unsinn“. Schließlich interessiere sich auch Westerwelles Partei, die FDP, „überhaupt nicht“ für Außenpolitik, schimpfte Baring, dem liberale Gedanken an sich nicht fremd sind.

Mit seinem Urteil über Westerwelles Kernkompetenz für sein neues Amt steht der streitbare Berliner Historiker allerdings sowohl im Politikbetrieb als auch in der Wissenschaft allein auf weiter Flur. Zwar hat der FDP-Parteichef mit Ausnahme eines programmatischen Vortrags vor der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik (DGAP) im Mai wenige eigene außenpolitische Akzente gesetzt. Doch selbst Oppositionspolitiker bezweifeln nicht, dass der 47-Jährige im Auswärtigen Amt (AA) schnell auf der Höhe der Herausforderungen agieren wird. Es sei eine falsche Vorstellung, dass sich Westerwelle in den vergangenen Jahren nicht intensiv mit außenpolitischen Fragen beschäftigt habe, meint auch DGAP-Forschungsdirektor Eberhard Sandschneider. Als Chefdiplomat werde der Politiker die Zweifel an seiner Eignung „schnell zerstreuen und seine neue Aufgabe überzeugend ausfüllen“.

Allerdings sind gerade in der Welt der internationalen Diplomatie nicht nur Intelligenz, Standfestigkeit und Kreativität gefordert, sondern auch Gespür für die Wünsche des jeweiligen Partners und die Fähigkeit, den richtigen Ton zu treffen. Westerwelle selbst schürte unmittelbar nach der Wahl Zweifel an seinem Taktgefühl, als er auf einer Pressekonferenz einen BBC-Reporter herunterputzte, der eine englische Antwort erbeten hatte („Wir sind hier in Deutschland“). Und zumindest in Israel ist die Erinnerung an die fehlende Distanz des FDP-Chefs zu seinem damaligen Stellvertreter Jürgen Möllemann noch wach, dessen Wahlkampf mit antisemitischen Untertönen auf Kritik stieß. In der israelischen Botschaft in Berlin hätte die Idee eines Außenministers Westerwelle damals Entsetzen ausgelöst. Die Vorbehalte wurden nicht kleiner dadurch, dass die FDP später im Bundestag den deutschen Marineeinsatz vor dem Libanon ablehnte.

An diesem Donnerstag übergibt Vorgänger Frank-Walter Steinmeier (SPD) sein Amt an den Nachfolger. Die Diplomaten haben längst eine Übersicht über die wichtigsten Konflikte der Welt und die deutsche Haltung dazu erarbeitet, die dem neuen Minister und seiner Mannschaft eine schnelle Orientierung ermöglichen soll. Traditionell ist im AA auch in der Chefetage die personelle Kontinuität weit größer als in anderen Ministerien. Zudem steht im Hintergrund Hans-Dietrich Genscher als Berater bereit, der mit 18 Jahren Amtszeit wie kein anderer das AA prägte. Auch Westerwelles Pochen auf atomare Abrüstung gilt im AA als Genschers Anregung. „Das hat ihm der alte Herr gesagt“, meint ein Spitzendiplomat.

Der neue Staatsminister Werner Hoyer (FDP) kennt sich zudem aus im Haus: Er füllte diesen Posten schon von 1994 bis 1998 unter Minister Klaus Kinkel (FDP) aus. Zweite Staatsministerin ist FDP-Vizechefin Cornelia Pieper, die sich vor allem um Kulturpolitik kümmern soll. Von Vorgänger Steinmeier übernimmt Westerwelle die Konstruktion, wonach ein dritter beamteter Staatssekretär die Regierungsarbeit des kleineren Koalitionspartners koordiniert. Die Funktion übernimmt sein bisheriger Büroleiter Martin Biesel. Staatssekretär Peter Ammon bleibt im Amt, sein Kollege Reinhard Silberberg tauscht mit dem deutschen Botschafter in Madrid, Wolf-Ruthart Born, den Posten. Noch offen war am Mittwochnachmittag, wer Leiter der politischen Abteilung, Leiter des Planungsstabs und Pressesprecher wird.

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