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Politik: Ausweg aus dem Gewissenskonflikt?

Neue Verfahren zur Gewinnung von Stammzellen kommen ohne Zerstörung von Embryonen aus

In die Debatte um die Stammzellforschung ist Bewegung gekommen – zumindest in den USA. Dort ist es zwei Forschergruppen im Tierversuch bei Mäusen geglückt, embryonale Stammzellen herzustellen, ohne dazu Embryonen zu zerstören oder potenziell lebensfähige zu erzeugen. Falls sich die Technik auch auf den Menschen übertragen lässt, wäre damit einem wichtigen Argument gegen die Stammzellforschung der Boden entzogen. Die Wissenschaftler um Robert Lanza von der Biotechnik-Firma ACT in Worcester und um Rudolf Jaenisch vom Whitehead-Institut in Cambridge veröffentlichten ihre Untersuchungen in der Online-Ausgabe des Fachblatts „Nature“.

Embryonale Stammzellen gelten als biologische Alleskönner. Sie lassen sich in der Petrischale nahezu unbegrenzt vermehren und können sich in fast jedes Gewebe verwandeln. Mediziner hoffen, mit ihrer Hilfe eines Tages Krankheiten wie Parkinson (Schüttellähmung) und Diabetes (Zuckerkrankheit) zu behandeln.

Um embryonale Stammzellen zu gewinnen, muss jedoch bisher ein Embryo zerstört werden. Denn die Zellen stammen aus der inneren Zellmasse eines frühen Embryonen, genannt Blastozyst (Keimblase). In den USA ist die staatliche Förderung dieser Forschung weitgehend untersagt. Die beiden neuen Ansätze könnten helfen, Kritiker umzustimmen.

Robert Lanza von der Firma ACT benutzte ein Verfahren, das sich bei der Präimplantationsdiagnostik (PID) bewährt hat. Dabei wird einem im Reagenzglas erzeugten Embryo in einem frühen Achtzeller-Stadium eine Zelle entnommen und auf einen in der Familie der Eltern bekannten genetischen Defekt untersucht. Ist der Embryo frei von dem Webfehler im Erbgut, wird er eingesetzt.

Mit Hilfe der PID-Methode spaltete Lanza eine einzelne Zelle aus einem befruchteten und danach weiterhin lebensfähigen achtzelligen Mäuseembryo ab. Diese Zelle wurde zusammen mit anderen embryonalen Stammzellen kultiviert und wandelte sich in diesem Milieu in eine embryonale Stammzelle um.

Nachteil des Verfahrens ist, dass es nur begrenzt einsetzbar wäre – nämlich bei Paaren, die eine künstliche Befruchtung vornehmen lassen. Denkbar wäre, dass das Kind des Paares auf diese Weise maßgeschneiderte embryonale Stammzellen bekommt – eine biologische Lebensversicherung für den Fall, dass es später im Leben erkrankt und neues Gewebe benötigt.

Während die US-Bischofskonferenz reserviert reagierte, signalisierte der Stammzellforscher und bekennende Katholik Markus Grompe von der Oregon Health and Science University vorsichtige Zustimmung. Das Vorgehen sei „viel weniger angreifbar als die gezielte Zerstörung eines Embryos“.

Alexander Meissner und Rudolf Jaenisch vom Whitehead-Institut gingen anders vor. Sie schalteten in einer Hautzelle ein Gen aus, das für die Einnistung des Embryos in die Gebärmutter erforderlich ist. Dann setzten sie den Kern der Hautzelle in eine entkernte Eizelle ein. Das übliche Klonverfahren, allerdings mit einem Unterschied. Denn der so erzeugte Mäuse-Klon war aufgrund seines genetischen Defekts nicht fähig, in der Gebärmutter zu einem lebensfähigen Organismus heranzuwachsen. Das Argument, beim Klonen würde Leben erzeugt, nur um es später für die Herstellung von Stammzellen zu vernichten, wurde also teilweise entkräftet.

Ob die Verfahren beim Menschen funktionieren, ist nach Ansicht des Stammzellforschers Irving Weissmann von der Stanford-Universität noch „hochgradig spekulativ“. Fest steht zudem: Auch diese „sanften“ Methoden der Stammzellgewinnung wären hierzulande verboten.

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