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Hamid Karsai

© dpa

Auszählung: Kopf-an-Kopf-Rennen nach Wahl in Afghanistan

Nach Auszählung von zehn Prozent der Stimmen liegt Amtsinhaber Karsai nur leicht vorn. Sollte es zu einer Stichwahl kommen, wird neue Gewalt gefürchtet.

Die Präsidentschaftswahlen in Afghanistan sind offenbar knapper ausgegangen als erwartet. Nach ersten Zahlen deutet sich ein Kopf-an-Kopf-Rennen zwischen Amtsinhaber Hamid Karsai und seinem wichtigsten Rivalen Abdullah Abdullah an. Das geht aus ersten Teilergebnissen hervor, die die Wahlkommission am Dienstag in Kabul vorlegte. Demnach liegt Karsai mit 40,6 Prozent der Stimmen zwar knapp in Führung, aber Abdullah liegt mit 38,7 Prozent dicht hinter dem Amtsinhaber.

Bestätigt sich dieser Trend, dürften aber beide die notwendige Mehrheit von über 50 Prozent verfehlen. Damit könnte es im Oktober zu einer Stichwahl kommen. Die Ergebnisse spiegeln aber nur einen Trend wider. Sie basieren lediglich auf zehn Prozent aller abgegebenen Stimmen. Das endgültige Ergebnis wird erst am 17. September erwartet. Insgesamt waren 31 Kandidaten angetreten. Nach Karsai und Abdullah folgten der frühere Weltbankmitarbeiter Ashraf Ghani sowie Ramazan Bashardost.

Eine Stichwahl zwischen Karsai und Abdullah wird im Westen nicht ohne Sorgen gesehen. Man fürchtet die hohen Kosten und weitere blutige Störfeuer der Taliban. In diesem Jahr sind bereits mehr ausländische Soldaten getötet worden wie jeweils in den zurückliegenden Jahren seit 2001. Am Dienstag wurden nach Angaben der Nato vier US-Soldaten im Süden des Landes bei einem Bombenanschlag in den Tod gerissen. Damit stieg die Zahl der getöteten ausländischen Soldaten auf 295. Im vergangenen Jahr waren insgesamt 294 Soldaten gefallen.

Ein Duell zwischen dem Paschtunen Karsai und dem Tadschiken Abdullah könnte das Land auch gefährlich polarisieren. Die Paschtunen stellen 42 Prozent der Afghanen und sind vor allem im Süden beheimatet. Die Tadschiken, die im Norden sitzen, machen etwa 27 Prozent der Bevölkerung aus. Allein deshalb war Karsai schon als Favorit ins Rennen gegangen. Zudem gibt es Vorwürfe, dass er bei den Wahlen systematisch betrogen hat. Beobachter zeigten sich am Dienstag daher überrascht, dass er nicht deutlich in Führung liegt. Allerdings blieb zunächst unklar, aus welchen Provinzen die ausgezählten Stimmen stammten. Abdullah hatte Karsai massiven Wahlschwindel vorgeworfen. Unabhängige Beobachter beklagen aber auch in Abdullahs Hochburgen Wahlbetrug.

Die USA sind angeblich darum bemüht, eine Stichwahl zu vermeiden. Dem Vernehmen nach basteln sie hinter den Kulissen bereits an einer „Regierung der nationalen Einheit“, um sowohl Karsai als auch Abdullah einzubinden. Eine Option ist, dass Karsai Präsident bleibt, aber Abdullah den neuen Posten des Regierungschefs bekommt. Abdullah, der bis 2006 Außenminister war, lehnt dies bisher allerdings ab.

Das letzte Wort über die Wahl liegt ohnehin bei der von den UN unterstützten Kommission für Wahlbeschwerden. Sie könnte Karsai oder anderen Kandidaten noch Stimmen aberkennen, wenn sie auf Wahlbetrug befindet. Bisher liegen der Kommission fast 800 Beschwerden vor. Darunter sind auch über 50 Klagen über schwerwiegende Manipulationen, die das Ergebnis verfälschen könnten.

Christine Möllhoff[Neu-Delhi]

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