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Politik: AWi oder WiA?

Foto: Rückeis / Montage: DP HINTER DEN LINDEN Verträge werden hierzulande im Allgemeinen abgeschlossen, damit man sich später auch daran hält. Manchmal kommt allerdings der Verdacht auf, dass Verträge vor allem deshalb von den Vertragspartnern unterschrieben werden, damit später einer von beiden ein eng beschriebenes Stück Papier in der Hand hält, mit dem er vor Gericht argumentieren kann, wenn sich der andere die Sache doch noch mal überlegt hat und gegen den Geist des Vertrages verstößt.

Von Antje Sirleschtov

Foto: Rückeis / Montage: DP

HINTER DEN LINDEN

Verträge werden hierzulande im Allgemeinen abgeschlossen, damit man sich später auch daran hält. Manchmal kommt allerdings der Verdacht auf, dass Verträge vor allem deshalb von den Vertragspartnern unterschrieben werden, damit später einer von beiden ein eng beschriebenes Stück Papier in der Hand hält, mit dem er vor Gericht argumentieren kann, wenn sich der andere die Sache doch noch mal überlegt hat und gegen den Geist des Vertrages verstößt. Dass solches Verhalten keinesfalls zu den Ausnahmen zählt, beweist die anschwellende Flut von Gerichtsprozessen und die Überlastung von deutschen Rechtsanwälten.

Vollkommen unterbelichtet – zumindest in der Geschichte der Juristerei – ist der Vorsatz zweier Parteien, einen Vertrag abzuschließen, von dem beide wissen, dass nicht jeder Paragraf darin bierernst gemeint ist und hinterher sowieso keiner ein Interesse daran haben wird, das unterzeichnete Papier einzuklagen. Nehmen wir den Koalitionsvertrag. Da heißt es im Anhang, dass das neue Superministerium des neuen Superministers Wolfgang Clement den Namen „Ministerium für Arbeit und Wirtschaft“ tragen soll. Rechtsgläubige könnten nun denken, dass Clements neues Haus im Beamtenjargon in Zukunft „BMAWi“ genannt wird. Steht ja so im Vertrag. Doch falsch vermutet. Weil nach Auskunft einer an der Vertragsausarbeitung beteiligten und hier nicht näher zu beschreibenden Person niemand so genau weiß, wie BMAWi in den Vertragstext gelangt ist und sowieso alle lieber ein BMWiA gewollt hätten, habe es in den Tagen nach der Vertragsunterzeichnung regen Briefaustausch zwischen dem Wirtschaftsministerium und „höchsten Stellen“ gegeben. Und Wolfgang Clement erhielt später vom Bundespräsidenten eine Ernennungsurkunde, auf der sein Ministerium mit „Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit“ beschrieben wird. Ein glatter Vertragsbruch, sollte man meinen. Doch „Schwamm drüber“, sagen jetzt die Betroffenen. Schließlich sei es ja am Ende doch ganz egal, ob der Clement nun ein Minister für AWi oder WiA sei. Oder doch nicht?

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