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Politik: Baden-Württemberg: Schmuddelkind und Biedermann

"Rolf" heißt das grellblaue Maskottchen, genauso wie der Vorsitzende. Der Plüschlöwe soll "über die Kinder die Herzen der Erwachsenen erreichen", der andere will "mit Löwenkraft für unser Land" und unbarmherzigen Parolen ein drittes Mal zurück ins Parlament: Rolf Schlierer, Fraktionschef der Republikaner im Stuttgarter Landtag, Bundesvorsitzender der rechtsextremen Partei und einmal mehr Zünglein an der Waage, wenn es an die Regierungsbildung geht.

"Rolf" heißt das grellblaue Maskottchen, genauso wie der Vorsitzende. Der Plüschlöwe soll "über die Kinder die Herzen der Erwachsenen erreichen", der andere will "mit Löwenkraft für unser Land" und unbarmherzigen Parolen ein drittes Mal zurück ins Parlament: Rolf Schlierer, Fraktionschef der Republikaner im Stuttgarter Landtag, Bundesvorsitzender der rechtsextremen Partei und einmal mehr Zünglein an der Waage, wenn es an die Regierungsbildung geht. 9,1 Prozent hatten 1996 in Baden-Württemberg Reps gewählt, fast so viele wie die FDP. Schaffen die Rechten erneut den Sprung in den Landtag, tut sich die schwarzgelbe Koalition des Erwin Teufel schwer mit der Regierungsbildung. Wenn nicht, dürfte der Machterhalt gesichert sein.

Das Phänomen der Republikaner im wohlhabenden Südwesten ist schwer zu erklären. Für den Freiburger Wahlforscher Ulrich Eith sind sie mehr als eine Protestpartei, begünstigt die "dominierende schwäbisch-protestantische Rechtschaffenheit" und der in bestimmten Milieus herrschende Moralismus mit autoritären Zügen die Stimmabgabe für die Rechten. Das geht mit dem Verfall der CDU einher: Seit 1978 büßt sie Wähler zugunsten der Rechtsparteien ein.

Der Umgang der Demokraten mit den Schmuddelkindern ist ambivalent. Im Parlament werden sie oft einfach ignoriert, zumal sich Rep-Anfragen kaum im Konstruktiven bewegen, sondern Fragen nachgehen wie der nach dem Anteil deutschen Liedguts im Landessender SWR. Mal beschließt der Landtag eine Ausstellung zum Rechtsextremismus, dann aber lässt sich dessen Direktor von den Reps zur Zensur nötigen. Eine Regionalzeitung verweigert zwar bezahlte Anzeigen, berichtet aber redaktionell. Im Herbst vorigen Jahres haben sich Grüne, FDP, Sozial- und Christdemokraten dann deutlich abgegrenzt: Die Wahl am kommenden Sonntag müsse "Schluss mit dem Spuk" machen, forderte CDU-Fraktionschef Günther Oettinger. Dennoch kam Innenminister Thomas Schäuble (CDU) nicht umhin, dem zweifachen Doktor Schlierer (Medizin und Jura) ein "beachtliches intellektuelles Niveau" zu attestieren. In Diskussionsrunden klopfen ihm die Spitzenkandidaten der Grünen und Liberalen jovial auf die Schulter.

Wenn sich der Biedermann, Burschenschaftler und Ex-RCDSler Schlierer an den "Gutmenschen" in den "Altparteien" abarbeitet, über das "Mindestmaß an Homogenität der Gesellschaft" philosophiert, die "Hetzkampagne" gegen die Reps verurteilt, Euroskepsis verbreitet und beteuert, er habe natürlich nichts "gegen die Bürger mosaischen Glaubens", dann spricht er ohne Schaum vorm Mund. Schärfe kommt nur unterschwellig, vorzugsweise bildhaft: Seinen Vortrag zur Verteidigung des christlichen Abendlandes untermalt das Dia einer Moschee. Schlierer appelliert an einfache Werte, und für ein Plakat borgte er sich Kinder aus der Verwandtschaft zusammen. Nicht alle Reps wirken derweil so handzahm; die Partei, die im Südwesten weniger als 2000 Mitglieder zählt, ist gespalten. Nach außen bekundet sie Abgrenzung zu anderen rechtsextremen Gruppen, der Verfassungsschutz stellt jedoch immer wieder Kooperationen fest. In Brandenburg und Bremen traten die Republikaner 1999 zugunsten der DVU nicht zur Wahl an, in Baden-Württemberg kandidiert die DVU nicht.

Dem Landesvorsitzenden Christian Käs ist Schlierers Kurs zu wachsweich. Der Stuttgarter Anwalt sucht Profil mit härteren Tönen wie der Forderung nach der Todesstrafe. "Dumpfbacken-Sprüche", pfeift Schlierer ihn dann zurück. Wer die Oberhand behält, hängt auch vom Wahlausgang ab. Dass die Reps ihr Ziel erreichen, zweistellig in den Landtag zurückzukehren, ist unwahrscheinlich, aber anders als bei früheren Wahlen gibt es schon seit Wochen Umfragen, die die Partei bei mindestens fünf Prozent notieren.

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