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Immer mal umstritten: Der baden-württembergische Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Bündnis 90/Die Grünen)

© dpa/Marijan Murat

Ministerpräsident Baden-Württembergs: Grüne bemüht um Schadensbegrenzung nach Kretschmanns Läster-Video

In einem Video schimpft Baden-Württembergs Ministerpräsident Kretschmann über "Schwachsinns-Termine" seiner Grünen. Dennoch betont die Partei ihre Geschlossenheit für die Bundestagwahl.

Ein Läster-Video von Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann hat die demonstrative Einigkeit der Grünen in Frage gestellt. In dem Mitschnitt zieht Kretschmann im Gespräch mit einem Bundestagsabgeordneten mit deutlichen Worten über den Beschluss her, ab 2030 nur noch abgasfreie Autos neu zuzulassen. Unter anderem spricht der prominente Politiker von „Schwachsinns-Terminen“. Dass Kretschmann das konkrete Zieljahr 2030 kritisch sieht, ist bekannt.

Ein Regierungssprecher in Stuttgart nannte das Video vom Berliner Bundesparteitag am vergangenen Wochenende einen „Lauschangriff“ auf ein privates Gespräch, dessen Veröffentlichung unter anderem auf YouTube „sittenwidrig“ sei. Man wolle aber nicht juristisch dagegen vorgehen. Grünen-Chef Cem Özdemir betonte die grundsätzliche Geschlossenheit der Partei: „Im Ziel der abgasfreien Mobilität besteht große Einigkeit.“ Man freue sich, dass Kretschmann mit der Partei einen „engagierten Wahlkampf“ machen werde.

Christian Jung, der in der Aufnahme als Urheber genannt wird, verteidigte sich gegen die Vorwürfe aus Stuttgart: „Die Aufnahmesituation war eindeutig und klar erkennbar“, wird Jung in der rechtskonservativen Wochenzeitung „Junge Freiheit“ zitiert.

Im Gespräch mit dem Baden-Württemberger Abgeordneten Matthias Gastel sagte Kretschmann unter anderem, die Grünen müssten mit sechs oder acht Prozent bei der Bundestagswahl zufrieden sein, wenn sie so etwas beschlössen. „Dann jammert nicht rum und lasst mich in Ruhe und macht euren Wahlkampf selber.“ Er als Ministerpräsident mache das nicht.

Palmer findet Kritik "nicht aufregend"

Der Grünen-Politiker Boris Palmer hat die Veröffentlichung des Videos scharf verurteilt. Es sei ein Skandal, dass jemand so etwas aufnehme, sagte der Tübinger Oberbürgermeister. Natürlich rede man unter vier Augen Tacheles und lese sich keine Pressemitteilung vor, sagte Palmer. Alle kannten die Meinung Kretschmanns. Der „Südwest Presse“ sagte Palmer, inhaltlich finde er die Kritik „nicht aufregend“.

Für die Grünen ist der Mitschnitt ärgerlich, weil sie im Wahlkampf um ein geschlossenes Auftreten bemüht sind und Konflikte auf dem Parteitag zum Wahlprogramm größtenteils im Hintergrund abgeräumt hatten. In Umfragen liegen sie derzeit bei sieben bis acht Prozent, Ziel ist ein zweistelliges Ergebnis bei der Bundestagswahl am 24. September und der dritte Platz hinter Union und SPD.
Kretschmann ist der beliebteste Grünen-Politiker in Deutschland, der erste grüne Ministerpräsident und einer der wichtigsten Vertreter des pragmatischen Realo-Flügels der Partei. Er koaliert in Baden-Württemberg mit der CDU. Im linken Parteiflügel gibt es immer wieder Kritik an Kretschmanns Politik und seinen Ansichten. (dpa)

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