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Politik: Bagdad brennt

Rumsfeld: Der Luftkrieg gegen den Irak hat begonnen / Bomben treffen Präsidentenpalast / Saddams Schicksal unklar

Bagdad/Washington (Tsp). Die USA haben am Freitag eine Großoffensive gegen den Irak eingeleitet. „Der Luftkrieg hat begonnen“, sagte USVerteidigungsminister Donald Rumsfeld. Gleich zu Beginn wurden nach Angaben des US-Militärs mindestens 320 Raketen auf Bagdad und Umgebung abgefeuert. Teile der Hauptstadt standen in Flammen. US-Generalstabschef Richard Myers kündigte Hunderte Angriffe auf militärische Ziele im Irak innerhalb weniger Stunden an.

Dutzende von Marschflugkörpern schlugen nach Augenzeugenberichten im Regierungsviertel von Bagdad ein und lösten heftige Explosionen aus. Gigantische Rauch- und Staubwolken stiegen in den Nachthimmel auf. Mehrere Gebäude, darunter auch ein Palast des Präsidenten, standen in Flammen. Nach Medienberichten könnte es sich um den Beginn der angekündigten „„shock and awe"-Strategie (Schock und Einschüchterung) mit schwersten Luftschlägen handeln. Auch in den Öl-Städten Kirkuk und Mosul gab es heftige Explosionen. Rumsfeld sagte am Freitag, das irakische Regime verliere die Kontrolle über das Land. Die Konfusion der irakischen Militärs werde größer, da sie immer weniger erkennen könnten, was an den Fronten geschehe, sagte der Verteidigungsminister am Freitag.

„Keine Macht der Welt“ werde den Irak besiegen, kündigte der irakische Verteidigungsminister während der Bombardements vor Journalisten an. Das Land werde sich selbst sowie „seine Prinzipien und Religion“ verteidigen.

Der irakische Machthaber Saddam Hussein war am Freitag erneut im staatlichen irakischen Fernsehen zu sehen. Das Weiße Haus teilte mit, es habe „keine konkreten Informationen“ über seinen Verbleib. Das Informationsministerium in Bagdad hatte zuvor bestätigt, dass bei den ersten Luftangriffen in der Nacht von Mittwoch auf Donnerstag ein Präsidentenpalast in Bagdad getroffen worden war. Anschließend berichtete die „Washington Post“ unter Berufung auf US-Geheimdienstkreise, dass sich vermutlich Saddam Hussein mit einem oder mit beiden seiner Söhne während des Angriffs in dem Bunker aufgehalten habe. Ein US-Regierungsvertreter halte es für möglich, dass Saddam bei dem Angriff verletzt worden sei. Der irakische Informationsminister Mohammed Said el Sachaf sagte, Saddam Hussein und seine Familie hätten die US-Angriffe auf Bagdad überlebt. Sie seien „in Sicherheit und wohlauf“. Der US-Geheimdienst CIA erklärte, er halte den Fernsehauftritt Saddam Husseins, den das irakische TV direkt nach Kriegsbeginn ausstrahlte, für echt. Die irakische Führung setzte ein Kopfgeld für jeden getöteten oder gefangen genommenen „feindlichen Soldaten“ aus.

Amerikanische und britische Truppen besetzten am zweiten Tag des Krieges mehrere Ortschaften im Süden des Landes. Sie meldeten erste Erfolge, stießen aber auf teilweise heftigen Widerstand. Die alliierten Bodentruppen rückten nach Angaben des britischen Generalstabs bis in die Vororte von Basra vor. Erst nach mehrstündigen Kämpfen konnten amerikanische Marine-Infanteristen am Freitag den irakischen Hafen von Umm Kasr einnehmen, wie aus US-Militärkreisen in Kuwait verlautete.

Der britische Premierminister Tony Blair sagte, der Militäreinsatz sei trotz tragischer Verluste bislang gut verlaufen. Dennoch würden Großbritannien und die USA „nicht unbedingt über Nacht alle ihre Ziele erreichen“, warnte er. Mit Widerstand sei zu rechnen. Ein britischer Offizier sagte, die Soldaten hätten mehrere Ölförderanlagen unter ihre Kontrolle gebracht.

Bei ihrer Offensive erlitten die britischen und amerikanischen Truppen erste Verluste: Ein US-Soldat wurde am Freitag im Kampf getötet, wie die US-Armee bekannt gab. Beim Absturz eines US-Transporthubschraubers in Kuwait kamen acht britische und vier US-Soldaten ums Leben. Die Armee ging von einem Unfall wegen technischer oder wetterbedingter Probleme aus. Auf einen Abschuss gebe es keine Hinweise, sagte der britische Oberstleutnant Ben Curry im britischen Fernsehsender Sky News. Der Helikopter vom Typ CH-46 Sea Knight sei bei den Vorbereitungen für die Offensive gegen die Halbinsel El Fau abgestürzt.

Die irakische Armee teilte mit, sie habe ein Flugzeug der Alliierten abgeschossen. Der britische oder US-Jet sei am Morgen abgefeuert worden, als er sich an Angriffen auf irakisches Gebiet beteiligte, meldete die amtliche Nachrichtenagentur Ina. Von britischer oder US-Seite wurde dies zunächst nicht bestätigt.

Die Türkei gab am Freitagabend ihren Luftraum für Flugzeuge der US-Luftwaffe frei. Dies teilte der türkische Verteidigungsminister Vecdi Gönül in Ankara mit. Die Flüge über die Türkei würden sofort aufgenommen, berichtete der Fernsehsender CNN-Türk. US-Verteidigungsminister Donald Rumsfeld warnte Ankara jedoch vor dem Einmarsch türkischer Truppen in den Nordirak.

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