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Im Streit vereint: Minister Hermann (Grüne) und Bahn-Chef Grube.

© dpa

Bahn-Projekt: Stuttgart 21 wird Chefsache

Die Bahn will ab kommender Woche am Projekt Stuttgart 21 weiterbauen. Der Kostenstreit soll von Ministerpräsident Kretschmann und Bundesverkehrsminister Ramsauer beigelegt werden.

Stuttgart - Letzter Ausweg Chefgespräch: Bei den Grünen in der Landesregierung schwindet die Hoffnung, Stuttgart 21 noch aufhalten zu können. Verkehrsminister Winfried Hermann setzt deshalb auf ein Gespräch auf allerhöchster Ebene. Wenn Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer das Signal danach nicht doch noch auf Rot stellt, wird nächste Woche weitergebaut.

„Wir sind mit unserer Handlungsfreiheit am Ende“, sagte Bahn-Technikvorstand Volker Kefer am Montag im Lenkungsausschuss für das Bahnprojekt Stuttgart 21 einschließlich der Neubaustrecke nach Ulm. Der Bahn seien insbesondere aktienrechtlich die Hände für einen weiteren Baustopp gebunden. Das erkennt auch Winfried Hermann an, der neue grüne Verkehrsminister und erklärte Neubaugegner. Trotzdem startet er einen allerletzten Versuch: Binnen einer Woche sollen Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) und Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer (CSU) ein Spitzengespräch führen. Hermanns Ziel: ein Machtwort des Bundes, dem Eigentümer der Bahn. Nur wenn er die Mehrkosten übernähme, die bei einem Baustopp bis nach einem möglichen Bürgerentscheid im Herbst entstehen, wäre die Bahn bereit, den Bau einzustellen, keine weiteren Arbeiten zu vergeben und bereits zugeschlagene Baulose neu auszuschreiben.

Dieser Baustopp hätte sowohl gravierende finanzielle wie zeitliche Auswirkungen. Die Bahn rechnet derzeit mit 410 Millionen Euro Mehrkosten, die Kefer dem Lenkungskreis aus Vertretern der Bahn, des Landes, der Stadt und der Region Stuttgart in einer Tischvorlage übermittelte. Diese Kosten enthalten neben dem Schadenersatz für Baufirmen unter anderem eine Summe von 150 Millionen Euro, die durch Preissteigerungen verursacht werden, weil sich bei einem halbjährigen Baustopp (bis zum Oktober dieses Jahres) die Gesamtmaßnahme um insgesamt drei Jahre (bis zum Fahrplanwechsel 2022) verzögert. Dieser Zeitrahmen entsteht, weil alle Vergaben zurückgezogen und neu ausgeschrieben werden müssen, was allein eine anderthalbjährige Vorlaufphase bedeutet. Noch länger dauert die Neuplanung des Zugbetriebs. Alle bislang auch den Bahnkonkurrenten mitgeteilten Gleissperrungen und Beeinträchtigungen des Betriebs wären hinfällig und müssten über die Netzagentur neu untersucht werden. Kefer rechnet dafür mit zweieinhalb Jahren. Fazit: Der neue Bahnhof wäre statt 2019 erst Mitte 2022 fertig und könnte hernach mit dem Fahrplanwechsel im Winter 2022 eingeweiht werden.

Ob es zum Spitzengespräch kommt, ist unklar. Wenn nicht, oder wenn Ramsauer grünes Licht gibt, wird weitergebaut. Die nächsten Maßnahmen sind das komplizierte Grundwassermanagement, dessen Zentrale im Schlosspark bereits errichtet wurde, und das Technikgebäude, das anstelle des im vergangenen Jahr abgerissenen Nordflügels entsteht.

Zurückgerudert ist Hermann auch beim Stresstest. Einen eigenen Fahrplan seines Ministeriums, wie er versprochen hatte, wird man nicht prüfen, die Bahn wird sich vielmehr streng an die Vorgaben der Schlichtung halten und die Schweizer Fahrplanagentur SMA über die Kriterien wachen lassen. Auch eine öffentliche Erörterung findet erst dann statt, wenn alle Ergebnisse und Bewertungen auf dem Tisch liegen. Kefer ist unvermindert zuversichtlich, dass der theoretische Belastungstest bestanden wird. Ob die umfangreichen Berechnungen aber bereits Mitte Juli abgeschlossen werden, sei ungewiss.

Hermann ließ offen, ob er den nach der Schlichtung noch akzeptierten Test anerkennt. Eine eindeutige Antwort werde es nicht geben, „im Sinne von Ja und Nein“ ließe sich diese Frage nicht beantworten. Kefer indes hofft auf Einsicht in das dann Unabänderbare: „Ich glaube an den beiderseitigen guten Menschenverstand.“

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