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Politik: Bahnverkehr vor dem Kollaps

Schienennetz muss saniert werden / Zahlreiche Einschränkungen im Personen- und Güterverkehr

Berlin - Die Deutsche Bahn rechnet schon bald mit dramatischen Störungen ihres Schienenverkehrs. Die immer größer werdende Zahl schwerer Güterzüge hat den Verschleiß der Hauptstrecken derart beschleunigt, dass das Unternehmen jetzt in aller Eile eine Generalsanierung plant: Innerhalb von drei Jahren sollen rund fünf Milliarden Euro in das marode Netz gesteckt werden. Ab dem Frühjahr würden zahlreiche Baustellen bundesweit zu Einschränkungen und Verspätungen im Personen- und Güterverkehr führen, heißt es in einem Strategiepapier der Bahn-Konzerntochter DB Netz AG, über welches das „Handelsblatt“ berichtet. Besonders betroffen ist die Nord- Süd-Route von Hamburg über Frankfurt nach Basel.

Die Hauptstrecken in der alten Bundesrepublik sind das letzte Mal vor 30 Jahren umfassend erneuert worden. Diese Infrastruktur sei inzwischen im Wortsinn „abgefahren“, sagte ein Bahn-Manager. Die Grunderneuerung der westdeutschen Infrastruktur sei nicht früher möglich gewesen. Die jetzt fällige Grunderneuerung früher zu beginnen, sei daran gescheitert, dass in den vergangenen Jahren überwiegend die weitaus marodere Infrastruktur Ostdeutschlands saniert werden musste.

Um die Gleiserneuerung effizient vornehmen zu können, werden selbst wichtige Fernverkehrsstrecken für mehrere Wochen nur eingleisig befahrbar sein. Während der Sperrzeiten würden Züge umgeleitet oder zum Teil auch eingestellt, hieß es. Ein Sprecher wollte dazu keine Stellung nehmen.

In der Vergangenheit hatten Wettbewerber und auch der Bundesrechnungshof den Vorwurf erhoben, die Bahn vernachlässige das Netz. Daraufhin habe das Bundesverkehrsministerium die Bahn und die Aufsichtsbehörde Eisenbahnbundesamt um Stellungnahmen gebeten, sagte eine Ministeriumssprecherin. Die Bahn wies die Vorwürfe zurück. Nach einer Umfrage unter Bahnbetreibern hatte der Verband Deutscher Verkehrsunternehmen im letzten Herbst eine Liste mit Investitionsbedarf im Schienennetz erstellt, die knapp 200 schwerwiegende Mängel in der Infrastruktur aufführt.

Die Bahn werde von ihrem Erfolg in gewisser Weise überrollt, sagte Maria Leenen, Geschäftsführerin der Branchenfirma SCI-Verkehr. Die früher übliche Praxis, überwiegend in nächtlichen Betriebspausen zu bauen, funktioniere wegen der hohen Auslastung der Strecken heute nicht mehr.

Das Papier der DB Netz nennt als „Haupt-Engpasskorridore“ die Strecken Hamburg – Hannover, Bebra – Fulda – Frankfurt und Frankfurt – Karlsruhe – Basel. Dort würden innerhalb von 24 Stunden bis zu 375 Züge fahren. Damit würde der Verkehr auf bestimmen Abschnitten bereits um bis zu 35 Prozent über der theoretisch berechneten Streckenkapazität liegen. HB/ek

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