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Banken-Rettungspaket: Parlamentarier rechnen mit Ackermann & Co. ab

Soviel Geld stand noch nie auf dem Spiel: Die Abgeordneten des Bundestages stimmten mit großer Mehrheit für das Mega-Paket zur Rettung der Finanzwelt. Für die Manager-Zunft und ihren "Kasino-Kapitalismus" gab es von allen Parteien mächtig Prügel.

SPD-Fraktionschef Peter Struck gebührt die Ehre, an diesem 17. Oktober 2008 die große Debatte zu eröffnen. Der knorrige Niedersachse spricht von einem "beispiellosen Kraftakt" der Politik, die im Kampf gegen die Uhr die Banken vor dem Kollaps gerettet habe. Struck lobt sogar die Opposition. Nur weil das Fraktions-Trio von Grünen, FDP und Linken auf formale Tricks verzichtet hat, kann das Rettungspaket im Eil-Verfahren überhaupt so schnell in Kraft treten.

Nach den staatstragenden Worten wechselt Struck in die Abteilung Attacke. Viele Manager hätten es wohl mit Brecht gehalten: "Erst das Fressen, dann die Moral." Dann knöpft er sich die Deutsche Bank vor. Deren Ex-Boss Hilmar Kopper, der einst Milliardenverluste als "Peanuts" (Erdnüsse) bezeichnete, habe gejammert, dass Banker jetzt nur noch mit Gier in Verbindung gebracht würden. "Diese Arroganz Koppers ist eine Zumutung für alle Sparer, die wegen der Zockerei einiger Banker um ihre Einlagen zittern müssen." Auch Josef Ackermann bekommt sein Fett ab. Die Ankündigung des Deutsche-Bank-Vorstandes, auf die Hälfte der Boni zu verzichten, sei "ein peinlicher Vorgang", giftet Struck. Ackermann wolle wohl mit diesem "Ablasshandel" seine Sünden begleichen. Der Topmanager gilt als enger Berater von Kanzlerin Angela Merkel (CDU).

"Gib mir Staatsknete!"

Auch für Grünen-Fraktionschefin Renate Künast ist der Schweizer Ackermann, der Deutschlands größte Bank vor der Krise auf 25 Prozent Rendite trimmte, das Lieblings-Feindbild. "Dass der Mann glaubt, er hätte in diesem Jahr überhaupt einen Bonus verdient, statt dass er sein ganzes Gehalt abgibt, das ist doch eine ungeheure Chuzpe. Wofür denn eigentlich, für sinkende Börsenkurse?" Es sei ungeheuerlich, dass führende Bankmanager mit am Krisentisch der Regierung gesessen und den Beamten das neue Bankengesetz quasi diktiert hätten, schimpft Künast. Frei nach dem Motto "Gib mir Staatsknete, aber schau mir nicht in die Bücher". So ganz stimmt das natürlich nicht.

Finanzminister Peer Steinbrück (SPD) und Kanzlerin Merkel haben die Auszahlung von Nothilfen an strenge Auflagen geknüpft. Wenn eine Bank direkte Finanzspritzen haben will, wird der Staat bei Manager-Gehältern, Zulagen und Gewinnausschüttungen ein gewichtiges Wörtchen mitreden. "Keine Leistung ohne Gegenleistung", zitiert Unionsfraktionschef Volker Kauder (CDU) die Kanzlerin. Struck geht noch einen Schritt weiter und fordert einen Banken-Soli. Die Kreditwirtschaft könne nicht jahrelang das große Rad drehen und der Allgemeinheit dann die Scherben vor die Tür kippen. Viele Bürgern verstehen schon heute nicht mehr, wie es zu so einem verheerenden Crash des Weltfinanzsystems kommen konnte.

Wirtschafts-Nobelpreisträger warnt westliche Welt

Der frisch gekürte Wirtschafts-Nobelpreisträger Paul Krugman warnt, dass der Wertekanon der westlichen Welt wankt. Niemand verstehe, wenn der bestbezahlte Hedge-Fonds-Manager an der Wall Street in einem Jahr mehr verdiene als alle Lehrer New Yorks zusammen in drei Jahren.

Linksfraktionschef Gregor Gysi sieht den Kapitalismus in seiner tiefsten Krise. Millionen Menschen hungerten, für die Banken würden aber rund um den Globus Hunderte Milliarden ins System gepumpt. Gysi attackiert auch Steinbrück. Es sei skandalös, dass die Staatsbank KfW ihre Tochter IKB mit Milliardensummen gerettet und für "einen Appel und ein Ei" - ohne Beteiligung an künftigen Gewinnen - an die US-Heuschrecke Lone Star verscherbelt habe. "Also für mich beginnt da strafrechtliche Relevanz. Was soll denn sonst Untreue sein?"

Nach gut zwei Stunden Debatte zwischen Staatsräson und Vor-Wahlkampf ruft Bundestagspräsident Norbert Lammert die 579 anwesenden Abgeordneten zur historischen Abstimmung. Passend zum 500-Milliarden-Paket rutscht dem CDU-Mann heraus: "Wir können mit der Auszahlung beginnen!"

Tim Braune, André Stahl[dpa]

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