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Bankensanierung: Zypries attackiert Guttenberg

Weil eine Kanzlei für den Minister ein Gesetz zur Banken-Zwangsverwaltung entworfen hat, wirft ihm Zypries Verschwendung vor. Die Praxis ist üblich, diesmal aber heikel.

"Es ist unverantwortlich, eine große Wirtschaftskanzlei zu beauftragen, statt den vorhandenen Sachverstand innerhalb der Bundesregierung zu nutzen", warf Bundesjustizministerin Brigitte Zypries (SPD) ihrem Kabinettskollegen am Mittwoch in der Berliner Zeitung vor. Der Wirtschaftsminister hatte in der vergangenen Woche ein neues Bankenrettungsmodell vorgelegt, dieses, wie später bekannt wurde, allerdings komplett von der britischen Kanzlei Linklaters erarbeiten lassen.

Besonders befremdlich ist zu Guttenbergs Verhalten nach Ansicht der Justizministerin, weil das Wirtschaftsministerium für das Insolvenzrecht gar nicht zuständig sei. "Das ist eine Verschwendung von Steuergeldern", kritisierte Zypries.

Auch Grünen-Fraktionschefin Renate Künast griff Guttenberg an. "Für mich ist das ein Fall für den Rechnungshof", sagte sie dem Blatt. "Ich will wissen, wie viel Steuergeld Guttenberg für diesen Entwurf gezahlt hat", forderte Künast.

Tatsächlich ist es allerdings inzwischen durchaus üblich, dass Ministerien für die Erarbeitung von Gesetzentwürfen auf die Kompetenz großer Anwaltskanzleien zurückgreifen. Auch das SPD-geführte Bundesfinanzministerium beispielsweise hatte bei der Vorbereitung des Gesetzes zur Enteignung der Hypo-Real-Estate-Bank die Hilfe einer Kanzlei in Anspruch genommen. Insgesamt gab die Bundesregierung zwischen 2006 und 2009 laut Berliner Zeitung 2,5 Millionen Euro für die Zuarbeit externer Experten aus.

Der Fall Guttenberg liegt jedoch etwas anders. Denn wie die Süddeutsche Zeitung schon in der vergangenen Woche berichtete, hat der Wirtschaftsminister nicht nur das Wissen von Spezialisten aus der Kanzlei genutzt, sondern diese gleich das ganze Gesetz schreiben lassen – ohne es noch mal zu verändern.

Fragwürdig erscheint auch der Zeitpunkt des Auftrags. Denn Guttenbergs Entwurf wird – das räumt auch das Wirtschaftsministerium offen ein – in dieser Wahlperiode nicht mehr umgesetzt werden. Der Minister müsse die Kosten dafür daher aus der Wahlkampfkasse zahlen, findet Künast.

Dass Zypries auf ihren Kollegen nicht gerade gut zu sprechen ist, hat aber noch einen anderen Grund. Ursprünglich hatten nämlich beide Ministerien zusammen einen Gesetzentwurf für ein neues Bankenrettungsmodell erarbeiten sollen. Bereits im März erteilte das Kabinett ihnen dazu einen Auftrag. Auch das Finanzministerium sollte einbezogen werden, die Federführung allerdings sollte beim Bundesjustizministerium liegen.

Doch weil man sich nicht einigen konnte, preschte Guttenberg in der vergangenen Woche mit seinem Entwurf vor, und zwar ohne, dass dies mit dem Justiz- oder dem Finanzministerium abgesprochen gewesen wäre.

Bei dem Gesetz geht es darum, das Insolvenzrecht auch auf Banken auszudehnen, damit diese den Staat künftig nicht mehr zu milliardenteuren Rettungsaktionen zwingen können. Umstritten ist zwischen beiden Ministerien jedoch der genaue Ablauf. Während Guttenberg von Insolvenz bedrohte Institute unter staatliche Zwangsverwaltung stellen will, bevorzugt Zypries ein privat-autonomes Verfahren.

Nach dem Plan des Wirtschaftsministers würde die Finanzaufsicht BaFin in die Stimmerechte der Anteilseigner eintreten. Zypries will dagegen, dass die betroffene Bank schon lange vor der Insolvenz selbst einen Sanierungsplan erstellen und einen Reorganisationsberater vorschlagen soll. Dieser soll dann von der BaFin mit Sonderrechten ausgestattet werden.

Guttenbergs Entwurf ist in den Augen der Justizministerin deswegen nicht nur unnötig. Er sei vielmehr auch nicht praxistauglich und verstoße gegen Europarecht, kritisierte sie in der Süddeutschen Zeitung. Obwohl keiner der beiden Minister seine Pläne noch wird umsetzen können, will Zypries nun in Kürze allerdings ebenfalls noch einen eigenen Gesetzentwurf vorlegen.

Das Wirtschaftsministerium hält Guttenbergs Entwurf übrigens, wie zu erwarten, nicht für überflüssig. Er könne in den Koalitionsverhandlungen eine Rolle spielen, heißt es. Sollte der Partner dabei die FDP sein, könnte zu Guttenberg allerdings auf ähnliche Widerstände stoßen, wie sie ihm nun aus der SPD entgegengebracht werden. Denn genau wie Zypries präferiert auch die FDP ein privatautonomes Verfahren bei der Sanierung angeschlagener Banken.

Quelle: ZEIT ONLINE

Katharina Schuler

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