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Politik: Bankgesellschaft unterdrückte kritischen Bericht

Hohe Risiken der Fondsgesellschaften seit Jahren bekannt/Schwere Vorwürfe gegen Wirtschaftsprüfer, Diepgen und Wowereit

Berlin. Bei der Bankgesellschaft Berlin bahnt sich ein Skandal an, den Fachleute bereits mit den Bilanzskandalen bei den großen US-Unternehmen Enron und Worldcom vergleichen. Der Skandal könnte den größten Haftungsfall der deutschen Nachkriegsgeschichte auslösen.

Die international operierende Wirtschaftsprüfungsgesellschaft BDO mit Sitz in Brüssel hat offenbar jahrelang Bilanzen der Immobilientochter IBG der Bankgesellschaft Berlin wissentlich falsch testiert. Dem ARD-Magazin „Kontraste“ und dem „Handelsblatt“ liegt eine Sonderprüfung vor, aus der hervor geht, dass die BDO und die Unternehmensführung der IBG bereits 1997 über die unkalkulierbaren Risiken der Fondsgesellschaften informiert waren. Diese Risiken führten dazu, dass die Bankgesellschaft nur mit Milliarden-Hilfen des Landes Berlin vor der Pleite bewahrt werden konnte. Im Frühjahr musste das Land zudem eine Bürgschaft über 21 Milliarden Euro übernehmen.

Der renommierte Wirtschaftsprüfer Achim Walther hatte bereits vor fünf Jahren festgestellt, dass die Bank durch Mietgarantien für Fondszeichner allzu hohe Risiken eingegangen war. Nachdem Walther Alarm geschlagen hatte, verlor er seinen Prüfauftrag und seine Studie verschwand in der Schublade. Walther: „Man hatte den Wunsch, dass ich die kritischen Passagen in meinem Bericht verändern sollte. Ich habe gesagt, der Bericht bleibt so.“ Wären die Warnungen Walthers damals ernst genommen worden, hätte die dramatische Zuspitzung der Krise der Bankgesellschaft möglicherweise vermieden werden können.

Nach Einschätzung des Berliner Wirtschaftsrechtlers Hans-Peter Schwintowski von der Humboldt-Universität hätte die BDO auf Grund der Kenntnis der Sonderprüfung die Jahresabschlüsse der Bankgesellschaft nicht uneingeschränkt testieren dürfen. Da sie dies dennoch tat, sieht Schwintowski den Straftatbestand des Bilanzbetruges erfüllt.

Doch nicht nur die Wirtschaftsprüfer auch Berliner Spitzenpolitiker kannten offenbar die Warnungen Walthers. So soll der frühere Regierende Bürgermeister Eberhard Diepgen (CDU) zwar Hinweise auf die Risiken erhalten, aber nicht reagiert haben. Wirtschaftsprofessor Schwintowski ist davon überzeugt, dass „Diepgen seine Pflicht gegenüber dem mehrheitlich vom Land kontrollierten Unternehmen vernachlässigt hat“. Diepgen erklärte, er könne sich nicht mehr an den Vorgang erinnern. Auch Diepgens Nachfolger Klaus Wowereit (SPD) soll informiert worden sein. Er handelte bis heute nicht. Die BDO reagierte mit Schweigen.

Der seit Ende 2001 amtierende Chef der Bankgesellschaft, Hans-Jörg Vetter, machte deutlich, dass er an dem Aufklärungsprozess aktiv beteiligt ist. Nach seinem Amtsantritt habe er eine Anwaltskanzlei beauftragt, etwaige Schadensersatzansprüche, insbesondere gegen Wirtschaftsprüfungsgesellschaften, zu prüfen. Wörtlich: „Erste Ergebnisse der Untersuchungen liegen vor. Vergangene Woche wurde beschlossen, entsprechende Maßnahmen einzuleiten.“Olaf Jahn/Matthew D. Rose (HB)

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