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Bankrotte Metropole in den USA: Obama zeigt Detroit kalte Schulter

Die Stadt Detroit ist wegen ihres Schuldenbergs von umgerechnet 14 Milliarden Euro pleite. Anders als in Europa ist es in den USA nicht mehr an der Tagesordnung, Pleitekandidaten unter den Kommunen finanziell herauszupauken. Von einem Hilfskredit für Detroit will US-Präsident Barack Obama bislang nichts wissen.

Sie ist arm, aber leider auch nicht sexy. Die Stadt Detroit kann von den sommerlichen Touristenscharen, die die Berliner Wirtschaft beleben, nur träumen. Detroit hat ein schlechtes Image. Das wollen allerdings viele Menschen, denen die heruntergewirtschaftete Autostadt am Herzen liegt, nicht auf der Metropole sitzen lassen. Die Sängerin Beyoncé hat bei ihrem Detroit-Stopp während ihrer Welttournee den Einwohnern aus der Geburtsstadt des Motown- Plattenlabels mit der hoffnungsfrohen Ballade „A Change Is Gonna Come“ Mut zugesungen. Der Publizist Frank Bruni, der Anfang der Neunzigerjahre in der größten Stadt im US-Bundesstaat Michigan lebte, erklärte in der „New York Times“ in einer persönlichen Liebeserklärung an Detroit, dass sich die bodenständigen Menschen dort angenehm von den Ego-Shootern in Washington, New York, Los Angeles und San Francisco unterscheiden.

Detroit ist pleite. Dass die „Motor City“ jüngst Gläubigerschutz nach Kapitel neun des US-Insolvenzrechts beantragte, bedeutet noch nicht den Zusammenbruch der öffentlichen Ordnung – auch wenn heute schon viele Laternen in der Stadt aus Kostengründen abgeschaltet werden müssen. Der größte Bankrott einer Stadt in der US-Geschichte könnte aber dazu führen, dass die Angestellten des öffentlichen Dienstes dort Renteneinbußen hinnehmen müssen. Einzelne Gläubiger, darunter europäische Banken, werden möglicherweise von ihrem Geld nicht mehr viel wiedersehen. Die Heimatstadt von General Motors, Ford und Chrysler hat Schulden von umgerechnet 14 Milliarden Euro.

Ein Grund für die Pleite liegt in der stetigen Schrumpfung der einstigen Millionenmetropole. Während sich Berlin eines Bevölkerungswachstums erfreut, erlebt Detroit seit Jahrzehnten einen Niedergang. Nur noch 700 000 Einwohner leben hier, entsprechend schmal ist auch das Steueraufkommen in der Stadt.

Städtepleite in Deutschland ausgeschlossen

In Deutschland ist eine solche Städtepleite ausgeschlossen, weil im Extremfall Bundesländer für Kommunen und der Bund für Stadtstaaten haften müssen. Wer das Detroiter Debakel mit der Praxis bei ähnlichen Pleiten in Europa vergleicht, lernt nebenbei auch einiges über den Wert der Solidarität. Von einem „bail out“ für Detroit will US-Präsident Barack Obama bislang nämlich nichts wissen. Dabei gab es durchaus ein Beispiel aus der jüngeren US-Geschichte dafür, dass Washington einer kriselnden Stadt geholfen hat: New York konnte in den Siebzigerjahren einer Pleite nur durch einen Bundeskredit in Höhe von 2,3 Milliarden Dollar entgehen. Doch mit einer vergleichbaren Hilfe kann Detroit angesichts der hohen US-Staatsverschuldung kaum rechnen. Anders in Europa: Der europäische Staatenverbund ist bekanntermaßen zwar kein Staat wie die USA. Und trotzdem war auch unter den Ländern der Euro- Zone die Hilfsbereitschaft in den vergangenen dreieinhalb Jahren groß genug, um einen Staat wie Griechenland – gegen Auflagen – herauszuhauen. Es spricht für Europa, dass „finanzielle Solidarität“ hier mehr ist als eine Worthülse. Und vielleicht sollten sich Analysten demnächst mehr mit der Lage amerikanischer Kommunen beschäftigen.

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