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Politik: Bargeld vom Müllbaron

Dem früheren Kölner SPD-Fraktionschef Norbert Rüther droht eine Verurteilung wegen Bestechlichkeit

Wer für einen Moment die Augen schließt und nur die Worte wirken lässt, hat nicht den Eindruck, im Gerichtssaal zu sitzen. Der Mann da vorne redet druckreif, in seinen kleinen Kunstpausen umschmeichelt er mal den „Herrn Vorsitzenden“, dann wendet er sich dem „Herrn Staatsanwalt“ zu und ganz zum Schluss führt er das Publikum in die hohe Kunst der Kommunalpolitik ein. „Es zeichnete sich eine Materialschlacht ab“, sprudelt es aus ihm heraus, als er auf den Wahlkampf des Jahres 1999 zu sprechen kommt, er macht dunkle Andeutungen über den – später siegreichen – Gegenkandidaten der CDU, der aus seiner Sicht über viel, vielleicht auch zu viel Geld für Werbung verfügte. In dieser Situation, „bitte schön, das müssen Sie verstehen, Herr Vorsitzender“, hat er dann zum Hörer gegriffen und Hellmut Trienekens angerufen und gefragt, ob er dem SPD-Kandidaten in Köln nicht mit ein wenig Geld unter die Arme greifen wolle. Und siehe da, wenig später steht der Müllbaron vom linken Niederrhein in seinem Rathausbüro und übergibt reichlich Bargeld. Anfang Mai waren es 50000 Mark und am Ende des gleichen Monats noch einmal 100000 Mark. „Damals ging es nicht um die Abfallgesellschaft“, schiebt der Mann noch schnell nach, bevor irgendjemand im Saal auf andere Gedanken kommen könnte.

Der eloquente Redner heißt Norbert Rüther, er war früher Fraktionschef der Kölner SPD und einer der mächtigen Strippenzieher in der Domstadt. Für die Staatsanwälte ist die ganze Geschichte, die Rüther hier vor Gericht erzählt, freilich keine Anekdote aus der politischen Vergangenheit, die Ankläger halten den Mann für bestechlich. Sie werfen ihm vor, das Geld von Trienekens genommen und später mitgeholfen zu haben, dass der sein Müllimperium noch um die Kölner Abfallbetriebe erweitern und außerdem bei der Müllverbrennungsanlage ein wichtiges Wort mitreden konnte. Dass im Zusammenhang mit dem Bau des umstrittenen Müllofens rund elf Millionen Euro an Bestechungsgeldern geflossen sind, ist inzwischen in einem anderen Prozess aufgearbeitet und mit Haftstrafen für die unterschiedlichen Beteiligten geahndet worden. Nur Rüther ging straffrei aus, weil das Gericht den Verdacht nicht erhärten konnte, er habe auch in diesem Zusammenhang kassiert.

In dem jetzt laufenden Verfahren geht es auch nicht um die rund 830000 Mark, die Rüther in den Jahren zwischen 1994 und 1999 auf Umwegen – auch über gefälschte Quittungen – in die Kassen der SPD geschleust hat, dieser Prozess wird kaum vor Jahresende beginnen. Jetzt muss sich der Mann „nur“ wegen der Frage verantworten, ob er bestechlich war – das Geld von Trienekens also dem festen Zweck diente, den politischen Widerstand gegen die Privatisierung zu brechen. Immerhin kann Rüther da für sich in Anspruch nehmen, dass die SPD bis zum Schluss skeptisch bis ablehnend war und mehr als einmal der neuen Mehrheit aus CDU und FDP im Rat unterlag.

Rüther wird das Gericht wohl nicht von seiner Unschuld überzeugen können. Erstens hat ihn Trienekens klar belastet, als er sagte, dass alle, die Geld bekamen, wussten, dass sie etwas für ihn tun mussten. Zweitens lieferte Rüther dem Gericht eine nette Einschätzung. „Ich kann das nicht annehmen, ich bin Amtsträger“, habe ihm Spitzenkandidat Klaus Heugel bedeutet, der damals Oberstadtdirektor war. „Dann war das Beihilfe zur Bestechlichkeit“, rief Richter Martin Baur sofort aus. Rüther weiß, mit welchem Urteil er am kommenden Donnerstag rechnen muss.

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