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Politik: Bayerische Zeitrechnung

Die CSU will weniger Eile beim Unionskonzept für die Gesundheitsreform – und verärgert die CDU

Für Volker Kauder ist die Sache klar: Die offenen Fragen zwischen CDU und CSU, nicht zuletzt bei der Gesundheitsreform, würden beizeiten gelöst, verkündet Angela Merkels Fraktionsgeschäftsführer. Gibt es also Neuigkeiten aus den Arbeitsgruppen, die seit Monaten das Thema wälzen? Gibt es nicht. Trotzdem sieht Kauder Anlass zur Hoffnung, dass die monatelangen Querelen zwischen den Schwesterparteien bald ein Ende haben: „Ich bin jetzt deswegen immer zuversichtlicher, weil die Zeit immer knapper wird.“ Denn bis zum CSUParteitag am 19. und 20. November, dem zwei Wochen später der CDU-Parteitag folgt, müsse ein gemeinsames Angebot der Union vorliegen.

Das klingt logisch, und es entspricht auch dem, was die CDU und – etwas weniger laut – die CSU seit langem sagen: Bis Jahresende will man einig sein, und Jahresende heißt nicht Silvester, sondern eben vor den Parteitagen. Merkel hat diesen Zeitplan am Montag im CDU-Präsidium bekräftigt. Sie ist darin vor allem von den Wahlverlierern aus Sachsen und Brandenburg unterstützt worden.

Aber auch anderen Christdemokraten geht es zunehmend auf die Nerven, dass aus München immer wieder mäkelnde Anmerkungen in Richtung CDU kommen, die sich vor allem am Kopfpauschalenmodell festmachen. Das ist zum Prestigeprojekt für die CDU-Vorsitzende geworden, an dem ihr Reformerimage hängt. Aber Merkel kann sich dabei immerhin auf eine breite Grundstimmung in ihrer Partei stützen, die ein CDU-Spitzenmann auf die Formel bringt: „Wir lassen uns Leipzig nicht kaputtmachen.“ In Leipzig beim Parteitag vor einem Jahr hatte die CDU geschlossen die Kopfpauschale verabschiedet. Auch der Sozialflügel der CDU, sonst durchaus für Kritik an Reformideen gut, trägt das Modell im Grundsatz mit.

Für Michael Glos freilich ist die Sache ganz und gar nicht klar. Eile, sagt der CSU-Landesgruppenchef in Berlin, Eile sei überhaupt nicht notwendig. „Bei uns geht die Qualität der Lösung vor der Geschwindigkeit, eine Lösung zu finden.“ Hat man nicht zum Beispiel bei Hartz IV sehen können, wo es hinführt mit mangelnder Sorgfalt? Und haben nicht überhaupt die Wahlen in Brandenburg und Sachsen gezeigt, dass man bei solchen Reformen immer auch berücksichtigen muss, „wie das die Menschen empfinden“? „Ich habe das Gefühl“, sagt Glos, „dass die Menschen für radikale Maßnahmen sensibler geworden sind“. Womit er, bitte schön, keineswegs das CDU-Modell als radikal … – nur, sozial gerecht zugehen müsse es eben, mit aller Sensibilität, und unbürokratisch obendrein!

Keine Eile also? CSU-Vize Horst Seehofer stößt ins gleiche Horn. „Es geht nicht um schnell, es geht nicht um klar, es geht um richtig“, sagt der Gesundheitspolitiker. Was er für richtig hält, ist noch nicht so richtig bekannt, dafür umso mehr, was Seehofer völlig falsch findet: Die CDU-Gesundheitsprämie halte er nach wie vor für nicht umsetzbar.

In der CDU hören sie solche Töne gar nicht gerne. Schwer vorstellbar nämlich, dass die CDU sich am 6. Dezember zum Parteitag in Düsseldorf versammelt und statt des saisongerechten Sacks mit guten Gaben einen weiterhin offenen Streit mit der Schwesterpartei vorfindet. „Das kann auch Edmund Stoiber nicht wollen“, sagt ein CDU-Mann. „Der will doch nicht schon wieder ausgepfiffen werden.“ Eine Erfahrung, die der CSU-Chef in Leipzig schon mal gemacht hatte, eine Unmutsreaktion gegen die kleine Schwester und den Eindruck, dass Stoiber sich weiterhin als Kanzlerkandidat in spe sah. Der Eindruck ist gerade wieder aufgekommen. Dem immerhin sucht Glos gegenzusteuern: „Dass Frau Merkel ein Prä hat, ist nach wie vor unbestritten.“ Bloß: Was genau heißt „nach wie vor“?

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