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Horst Seehofer hofft auf Beistand von höherer Stelle.

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Bayern: Haderthauer? Söder? Aigner?

Intrigen, Machtkämpfe und Eitelkeiten: Nach dem Abgang von Finanzminister Fahrenschon ringt Horst Seehofer um die Autorität in der CSU.

Einer zumindest durchbricht die Mauer des Schweigens. Es ist mittlerweile der fünfte Tag, an dem in München das zunehmend qualvollere Stück aufgeführt wird mit dem Titel „Horst Seehofer sucht einen neuen Finanzminister“. Für den Passauer CSU-Landtagsabgeordneten Konrad Kobler sind die verzweifelten Versuche des engeren Partei-Führungszirkels, möglichst rasch die Lücke des ausscheidenden Finanzministers Georg Fahrenschon zu schließen, „eine Tortur“ und „ein Armutszeugnis“. Dem Tagesspiegel sagt der 68-jährige Kobler, der schon seit 1982 als Abgeordneter im Maximilianeum sitzt: „Seehofer wollte das in ein paar Stunden regeln und damit Führungsqualitäten beweisen. Das ist nun gründlich danebengegangen.“ Es sei ihm „unverständlich, wie man sich selbst so in Zugzwang bringen kann“. Am Wochenende hatte Bayerns Ministerpräsident und CSU-Chef Seehofer angekündigt, die Nachfolge Fahrenschons bis zu Allerheiligen, also bis zum vergangenen Dienstag, geklärt zu haben.

Die Partei ist in einer Führungskrise, das wird in diesen Münchner Chaostagen nur allzu deutlich. Die Landtags-Grünen sprechen von „Zerfallserscheinungen“, die Personaldecke der CSU in Wirtschafts- und Finanzfragen sei „erbärmlich dünn geworden“, sagt der Fraktionschef Martin Runge.

Je weniger aus der Spitze nach außen dringt, umso mehr werden die Spekulationen und Gerüchte angefeuert. Sozialministerin Christine Haderthauer ist weiterhin im Rennen für das Finanzressort, auch wird häufiger der Name Markus Söder genannt. Dieser würde den Posten gerne haben, allerdings: Der agile Franke ist als Umweltminister mit dem Atomausstieg und der proklamierten Energiewende mehr als genug beschäftigt. Würde er wechseln, müsste zugleich sein jetziger Posten neu besetzt werden. Am Mittwoch kam aus Berlin die Nachricht, auch CSU-Bundeslandwirtschaftsministerin Ilse Aigner sei interessiert. Ein Sprecher dementierte das: Die Ministerin habe kein Interesse an dem Job, alles andere sei „kompletter Unsinn“. An diesem Donnerstag nun will Seehofer vor der Presse endlich das Geheimnis lüften.

Was ist Dichtung, und was ist Wahrheit in diesem Drama um Intrigen, Macht und Eitelkeit? Die Partei erkennt, dass Seehofer hauptverantwortlich für die ganze Misere ist. Der Abgeordnete Kobler etwa erhält viele Anrufe von der Basis, von erzürnten Parteimitgliedern. „Es entsteht der Eindruck, dass wir uns nur über das Personal streiten. Das billigt die Öffentlichkeit nicht.“ Unklar ist auch, welche Verantwortung Georg Fahrenschon an der Hängepartie trägt. Am 30. November will er zum Chef des Sparkassen- Bundesverbandes gewählt werden, seine Chancen stehen gut. Fahrenschon wird verdächtigt, dass er bis dahin gar nicht abtreten wolle, sondern erst nach der Wahl, wenn er den neuen Posten sicher hat. Das wäre kühn, denn als Finanzminister mit einem solch begrenzten Haltbarkeitsdatum könnte er sich nicht um die neuen Haushaltsplanungen kümmern. Es wäre ihm auch nicht möglich, für den Freistaat in Brüssel im wichtigen Beihilfeverfahren über die Sanierung der maroden BayernLB zu verhandeln. Denn die Sparkassen sind darin auch involviert, deren Chef in spe er ist.

Traut man Fahrenschon, dem immer Braven und Loyalen, so viel Eigensucht zu? Ist es möglich, dass er Seehofer so vor den Kopf stößt – er, der schon als Schüler im Gymnasium in Plannegg bei München fleißig an seiner Parteikarriere bastelte? Manche vermuten, dass Fahrenschon gar nicht bis Ende November auf seinem Platz bleiben will. Sondern dass dies von Gegnern gestreut wird, die ihn diskreditieren wollen. So wird über mehrere Bande gespielt – und zwar mit immer unfaireren Mitteln. Der Noch-Minister war es auch leid, wie Seehofer ihn als einen der möglichen Thronfolger behandelte: Mal wurde er in den höchsten Tönen gewürdigt, dann wieder gedeckelt wie etwa durch Seehofers Ablehnung der CDU-Pläne zur Senkung der Einkommenssteuer. Denn ein nahezu identisches Modell hatte auch Fahrenschon entwickelt. Lob und Tadel, Eigenbrötlerei, Spott und unberechenbare Witze: Damit kommen viele in Seehofers Umgebung nur schwer zurecht.

Haderthauer, Söder, Aigner – das sind die drei maßgeblichen Namen in dem wilden Gerangel. Und sie bilden auch das Bewerbertrio der möglichen Seehofer- Nachfolge. Nach dem jetzigen Desaster muss sich der Ministerpräsident genau überlegen, auf welche Weise er sein Amt übergibt. Das könnte, nach einer 2013 gewonnenen Wahl, im Jahr 2015 oder 2016 sein. Ansonsten steht ein maßloses Hauen und Stechen bevor.

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