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In der Frage der Studiengebühren sind sich Horst Seehofer und Sabine Leutheusser-Schnarrenberger nicht so einig.

© dpa

Bayern: Keine Lösung im Streit um Studiengebühren

Studiengebühren behalten oder abschaffen? Die bayerische Regierungskoalition hat ihre Entscheidung vertagt. Die Freien Wähler planen jetzt ein Volksbegehren gegen die Abgabe - und die CSU gerät weiter in die Zwickmühle.

Der Termin war Horst Seehofer so wichtig und unaufschiebbar, dass er dafür sogar seine Teilnahme am Augsburger Presseball mit Nena als Top Act absagte. Denn am Samstagabend verhandelten die Spitzen der bayerischen CSU/FDP-Koalition noch immer über die Zukunft der umstrittenen Studiengebühren im Freistaat. Eine Lösung des Problems konnte der Koalitionsausschuss aber nicht präsentieren. Fazit: Wir sind uns einig, dass wir uns nicht einig sind.

Ministerpräsident und CSU-Chef Seehofer sagte, der Dissens bestehe fort. Als gefühlte Siegerin ging Bayerns FDP-Chefin, die Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger, aus der Sitzung. Sichtlich stolz sagte sie, die Studienbeiträge würden beibehalten, denn sie sorgten für eine „hervorragende Ausstattung der Universitäten“ im Freistaat. Die Gebühren bleiben also vorerst bestehen, auch wenn sich die CSU in den vergangenen drei Wochen ziemlich abrupt von ihnen verabschiedet hat. Jetzt herrscht erst einmal Waffenstillstand bis nach Weihnachten, im Januar wollen die Koalitionäre erneut beraten. Der Sinn dieser Verschiebung wird in der CSU angezweifelt. „An der Sachlage ändert sich nichts“, sagt ein Mandatsträger, „wir stehen dann genauso ratlos da wie jetzt auch.“

Die CSU befindet sich in einer ziemlich unmöglichen Lage. Über Jahre hinweg hat die Partei die Studiengebühren tapfer verteidigt, die es bis auf Bayern und Niedersachsen mittlerweile in keinem Bundesland mehr gibt. Häufig mussten sich die Abgeordneten und Parteivertreter an der Basis dafür abwatschen lassen. Oliver Jörg etwa, der dem Landtags- Hochschulausschuss vorsteht, sagt gegenüber dieser Zeitung, er habe „hunderte, wenn nicht tausende Rückmeldungen“ gegen die Studiengebühren erhalten. Vor drei Wochen erklärte Bayerns Verfassungsgerichtshof ein von den Freien Wählern geplantes Volksbegehren gegen die Abgaben für zulässig – was CSU und FDP kalt erwischte. Tragen sich zehn Prozent der Wahlberechtigten, das sind rund 900 000 Bürger, in die Listen ein, wird im Frühjahr bayernweit über die Studiengebühren abgestimmt.

Für CSU und FDP würde das Votum mit hoher Sicherheit verloren gehen – und das nur wenige Monate vor der Landtagswahl im September, die Horst Seehofer als „Mutter aller Schlachten“ ausgerufen hat. Die Christsozialen vollzogen also eilig die Rolle rückwärts und wendeten sich von den Gebühren ab – allerdings etwa ohne ihre Studentenvertretung RCDS, deren bayerische Vorsitzende Carmen Langhanke unverdrossen lobt, wie viele neue Stellen mit den Gebühren an den Hochschulen geschaffen werden konnten. Erstmals offiziell schreibt die CSU ihre Abkehr in der Erklärung zu den samstäglichen Verhandlungen fest. „Die CSU möchte unabhängig vom Volksentscheid eine Abschaffung der Studienbeiträge“, heißt es darin. Die Hochschulen könnten auch anderweitig aus dem Staatshaushalt ausreichend Geld erhalten.

Nun aber, nachdem sich die Liberalen nicht zur Wende pressen ließen, steckt die CSU in der Zwickmühle. Einst dafür, dann dagegen, jetzt dagegen und doch gezwungenermaßen dafür – so wird die Haltung der einstigen inoffiziellen bayerischen Staatspartei wahrgenommen. Horst Seehofers Plan, vor 2013 alles Strittige und Unpopuläre abzuräumen und den „Bayern ist am besten“-Wahlkampf auszurufen, scheint gescheitert. Nun stehen der CSU namentliche Landtagsabstimmungen bevor, mit denen die Opposition die Abgeordneten in die Klemme bringen will. Hochschulpolitiker Jörg fürchtet das: „Bei diesem Gedanken wird es mir schlecht.“

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