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Hubert Aiwanger, Landesvorsitzender der Freien Wähler und stellvertretender Ministerpräsident Bayerns (Archiv).

© Matthias Balk/dpa

Bayerns Vize-Ministerpräsident: „Jeder Anständige sollte ein Messer in der Tasche haben dürfen“

Mehr Selbstschutz oder Selbstjustiz? Mit seinen Äußerungen um Selbstbewaffnung sorgt Hubert Aiwanger für Kritik.

Bayerns Wirtschaftsminister und stellvertretender Ministerpräsident Hubert Aiwanger (Freie Wähler) hat mit Äußerungen über das Tragen von Messern Irritationen ausgelöst - auch in der Koalition. Ministerkollegen von der CSU zeigten sich am Dienstag am Rande einer Kabinettssitzung irritiert. Direkte Kritik gab es in der Sitzung selber dem Vernehmen nach zwar nicht - wohl aber den Rat zu einer etwas vorsichtigeren Wortwahl.

„Ich bin überzeugt, Bayern und Deutschland wären sicherer, wenn jeder anständige Mann und jede anständige Frau ein Messer in der Tasche haben dürfte, und wir würden die Schwerkriminellen einsperren. Das wäre der richtige Weg“, hatte Aiwanger in einer Rede bei den Internationalen Jagd- und Schützentagen auf Schloss Grünau bei Neuburg an der Donau gesagt, wie aus einem Mitschnitt des „Bayerischen Rundfunks“ hervorgeht. Dafür war er von der Opposition heftig kritisiert worden.

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„Ich würde es doch eher bezweifeln, dass dieser Satz von Hubert Aiwanger einen Aufruf zur Bewaffnung darstellt“, sagte dazu Staatskanzleichef Florian Herrmann (CSU) nach der Kabinettssitzung. Er fügte aber auch hinzu: „Wie sich der Kollege Aiwanger äußert und welche Folgen das dann hat, das muss er mit sich selber ausmachen.“

„Keine Sicherheitspolitik mit Taschenmesserpopulisten“

Katharina Schulze, die Fraktionschefin der bayerischen Grünen, sagte gegenüber dem „Bayerischen Rundfunk“, dass sich Aiwanger als „volkstümlicher Bierzeltminister“ inszeniere: „Seine Empfehlung an die Bayerinnen und Bayern, im Alltag ein Selbstverteidigungsmesser mitzuführen, ist nicht nur dumm, sondern auch gefährlich", sagte sie dem Sender. Sie betonte, dass die Polizei das Gewaltmonopol innehabe und für Sicherheit sorge - auch mit Waffen: „Wer zur Selbstbewaffnung der Bürgerinnen und Bürger aufruft, redet einem Faustrecht das Wort.“ Das sei eine „mittelalterliche Vorstellung“ von Konfliktlösung, so die Politikerin und „hochnotpeinlich“ für Bayerns stellvertretenden Ministerpräsidenten. Die Grünen-Politikerin sagte, Aiwanger solle seine Aussage schnell korrigieren.

Auch Bayerns Sozialdemokraten äußerten sich kritisch: „Ernsthafte Sicherheitspolitik geht nicht mit Taschenmesserpopulisten, die die Würde des Amtes eines stellvertretenden Ministerpräsidenten bedenklich einschrumpfen“, sagte der bayerische SPD-Fraktionsvorsitzende Horst Arnold. Er mahnte, dass eine öffentliche Bewaffnung zu Akten der Selbstjustiz führen würde.

„Es gibt keinen Grund, in Deutschland ein Messer zu tragen“

Derzeit dürfen Zivilisten noch Messer mit einer Klinge von bis zu zwölf Zentimetern bei sich tragen. Nach einem Vorschlag der Innenminister von Bremen und Niedersachsen soll es aber künftig verboten sein, Messer mit einer Klingenlänge über sechs Zentimetern bei sich zu tragen. Laut Bundesjustizministerin Christine Lambrecht (SPD) und dem Innenministerium sollen Länder und kommunen besser mitbestimmen können, dass Waffen wie Messer an bestimmten Orten nicht mehr getragen werden dürfen. Dem Messerverbot schließt sich auch der bayerische Landesvorsitzende der Deutschen Polizeigewerkschaft (DPolG), Rainer Nachtigall, an: „Messer sind leicht zu beschaffen, relativ einfach mitzuführen und kommen offensichtlich immer schneller und öfter zum Einsatz.“ Es gäbe keinen Grund, so Nachtigall, hierzulande ein Messer bei sich zu tragen.

Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) reagierte auf die Äußerung Aiwangers zurückhaltend. Das Zitat läge ihm nicht vor, doch er bestätigte, dass eine solche Aussage von Aiwanger kommen könne. Söder verwies auf kulturelle Besonderheiten Bayerns in Bereichen der Tracht und der Jagd, bei denen Messer zum Einsatz kämen. Der CSU-Politiker sagte aber auch: „Wir sehen andererseits auch Herausforderungen, die da sind, auf die wir reagieren müssen.“

„Müssen gezielter gegen Gewalttäter vorgehen“

Aiwanger erklärte auf Nachfrage, die Interpretation, er habe zur Selbstbewaffnung aufgerufen, sei „böswillig absichtlich fehlinterpretiert“. Es gehe schlichtweg darum, dass er gegen weitere Verschärfungen des ohnehin strengen deutschen Waffenrechts sei, „was vor allem legale Waffenbesitzer treffen würde, zum Beispiel Schützenvereine und Trachtengruppen“.

Das diskutierte Messerverbot an öffentlichen Orten führe in die falsche Richtung und bringe gesetzestreue Bürger plötzlich in Schwierigkeiten. „Stattdessen müssen wir gegen Gewalttäter gezielter vorgehen“, betonte Aiwanger. (dpa)

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