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Politik: Beamte – ein Auslaufmodell?

Clement will auch den öffentlichen Dienst reformieren: Er möchte nur bei Polizei und Justiz Staatsdiener sehen

Von Robert Birnbaum

Wer am Berufsbeamtentum rüttelt, muss mit Ärger rechnen. Wolfgang Clement steht also ins Haus, dass ihn manche Leute missbilligend angucken. Nicht, dass der Minister für Wirtschaft und Arbeit die Absicht hätte, dem zuständigen Kollegen Innenminister Otto Schily in die Ressortverantwortung für den öffentlichen Dienst hineinzureden. Aber Clement hatte noch als nordrhein-westfälischer Ministerpräsident eine Reformkommission unter Leitung des einstigen Bundesdatenschützers und schleswig- holsteinischen Innenministers Hans-Peter Bull eingesetzt, deren Vorschläge jetzt spruchreif sind. Clements Nachfolger Peer Steinbrück will den Bericht nach Tagesspiegel-Informationen am Montag in einer Woche vorstellen.

Die Experten empfehlen nach einem Bericht des „Spiegels“ eine Radikalkur: Aus mit dem Berufsbeamtentum. Nur noch für die im engsten Sinne hoheitlichen Aufgaben – Polizei, Justiz, Finanzverwaltung, Militär – sollten Beamte zuständig sein. Alle anderen staatlichen Aufgaben, also etwa auch der gesamte Schuldienst, könnte von Angestellten genau so gut erfüllt werden. Eine Ansicht, die auch Berlins Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit teilt. Der öffentliche Dienst brauche ein neues Leitbild sagte er „Welt am Sonntag“. Überhaupt soll jedoch nach den Vorstellungen der Bull-Kommission in den Staatsdienst sehr viel mehr privatwirtschaftlicher Geist einfließen. Alterszulagen und andere Vergünstigungen sollen wegfallen, die Mitbestimmung soll auf das in der Privatwirtschaft übliche Niveau beschränkt werden. Zum Katalog der Vorschläge gehört außerdem eine Bezahlung, die noch stärker als bisher schon an Leistung ausgerichtet wird – einer Leistung, die etwa bei den Lehrern unter anderem durch das Urteil ihrer Schüler gemessen werden solle. Zugleich empfiehlt die Kommission, auch im Staatsdienst betriebsbedingte Kündigungen möglich zu machen.

Die Vorschlagsliste könnte die Debatte über eine Reform des öffentlichen Dienstes neu anstoßen, um die es in jüngster Zeit etwas ruhiger geworden war. Sicher ist ihr zunächst einmal allerdings nur Beifall aus den Reihen der Opposition. FDP-Fraktionsgeschäftsführer Jörg van Essen begrüßte die jetzt bekannt gewordene Vorschlagsliste umgehend – sie stimme mit dem überein, was die Freidemokraten schon seit langem forderten. Der Beamtenstatus müsse auf den Kernbereich der staatlichen Verwaltung beschränkt werden: „Es ist nicht einzusehen, dass in Deutschland Universitätsprofessoren immer noch beamtet sind.“

Das Schicksal, dass der Beifall von der koalitionspolitisch falschen Seiten kommt, hat Clement am Wochenende auch mit einem Vorstoß erlebt, den er nicht nur in früherer Verantwortung indirekt zu verantworten hat. Die Überlegungen des Ministers, ob nicht der Kündigungsschutz gelockert werden müsste, stießen im eigenen Lager auf Ablehnung. Clement hatte die Regelung, dass die strengen Kündigungsschutzbestimmungen nur bei Kleinstunternehmen von nicht mehr als fünf Beschäftigten ausgesetzt sind, als Hindernis für mehr Einstellungen kritisiert. „Also muss ich doch darüber nachdenken, ob und wenn ja wie ich diese harte Grenze abschleife.“ Der Widerspruch kam prompt und zuverlässig. „Keine Chance“, so Fraktionsvize Michael Müller. Er wisse nicht, was Clement „da geritten hat und was diese Debatte jetzt soll“. Selbst bei den Grünen löste Clements Gedanken Widerspruch aus. Beschäftigungspolitisch bringe das nichts, monierte die Vize-Fraktionsvorsitzende Thea Dückert. Zustimmung hingegen von Unionsfraktionsvize Friedrich Merz: „Wenn Clement gegen die Betonriege der Reformverweigerer in SPD und DGB unsere Unterstützung braucht, stehen wir zur Verfügung.“

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