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Einsilbig: Margarete Nötzel konnte als Sprecherin des Münchener Oberlandesgerichts nicht wirklich zur Wahrheitsfindung beitragen.

© Reuters

Beate Zschäpe erst später vor Gericht: NSU-Prozess: Mauern in München

Am Tag, als die Verschiebung des NSU-Prozesses beschlossen ist, schicken die leitenden Herren ihre Sprecherinnen vor. Es wird eine Pressekonferenz, die zur Mauertaktik des Münchener Gerichts passt.

Das große Zelt am Eingang des Münchner Justizkomplexes ist aufgebaut, darunter sollten Besucher, die sich schon in der Nacht für einen Platz im NSU-Prozess anstellen, Schutz vor Regen finden. Der Gerichtssaal A 101 ist mit hohen Holzplatten abgeriegelt. Alle Vorbereitungen sind getroffen, aber seit Montag um 13.09 Uhr ist es gerichtsamtlich: Das für diesen Mittwoch angesetzte Verfahren gegen die mutmaßliche Rechtsterroristin Beate Zschäpe und vier mögliche Unterstützer wird um knapp drei Wochen verschoben. Termin für den Verhandlungsauftakt ist nun der 6. Mai.

Die Begründung: Wegen des Beschlusses des Bundesverfassungsgerichts vom vergangenen Freitag sei „die Durchführung eines neuen Akkreditierungsverfahrens notwendig“. Das Karlsruher Gericht hatte verlangt, dass türkische Medien mindestens drei Presseplätze erhalten. Dem Oberlandesgericht wurde frei gestellt, ob es nur diese drei Plätze zusätzlich schafft oder aber die vielfach kritisierte Akkreditierung als Ganzes wiederholt.

Um 14 Uhr sitzen die beiden für Medienarbeit zuständigen Richterinnen Andrea Titz und Margarete Nötzel mit versteinerten Mienen in einer eilig einberufenen Pressekonferenz. Die leitenden Herren des Gerichts und des Strafverfahrens, Präsident Karl Huber und der Vorsitzende Richter Manfred Götzl treten nicht vor die Presse. Die beiden Frauen sind eher einsilbig . Man kann nur erahnen, was sich im Gericht während dieser Chaostage abgespielt haben mag.

Wie werden die Plätze neu vergeben? „Das ist uns noch nicht bekannt“, sagt Andrea Titze. Werden den als Nebenkläger schon angereisten Verwandten der Opfer zusätzliche Kosten erstattet? „Ich hoffe, es sind noch nicht allzu viele angereist“, meint Margarete Nötzel. Bleibt das Zelt stehen und der Gerichtssaal versperrt? Man weiß es nicht. Wäre vom Gerichtspräsidenten ein Wort des Bedauerns angebracht? Keine Antwort. Erhält die türkische Zeitung „Sabah“, die in Karlsruhe die erfolgreiche Klage eingereicht hat, nun einen Platz, oder muss sie nochmals klagen? „Ich würde abwarten“, antwortet Nötzel.

Wie die Entscheidung gefallen ist, darüber lässt sich nur spekulieren. Am Morgen habe Richter Götzl sie informiert, dass noch eine Pressemitteilung komme, sagt Nötzel. Dann habe er ihr die Mitteilung geschickt und angerufen, damit sie verschickt werde. Wer sich im Haus wann und mit wem beraten, wer warum so entschieden hat: keine Information. Die Frauen reagieren nicht auf Provokationen. Nach 14 Minuten ist die Pressekonferenz dann auch zu Ende.

Es ist der vorläufige Schlusspunkt von verheerenden Wochen, in denen sich das Gericht trotz oder womöglich auch wegen der immer heftigeren Kritik am Akkreditierungsverfahren hinter Paragrafen versteckt und regelrecht eingemauert hat. Es beließ es bei der Begründung, dass das „Windhund-Verfahren“ (der Schnellste gewinnt) zulässig sei und man durch andere Verfahren keine möglichen Revisionsgründe gegen ein Urteil liefern wolle.

Die Diskussion über dieses seit Jahrzehnten bedeutendste Terrorverfahren wurde immer kleinteiliger, die offiziellen Auskünfte wurden dafür immer spärlicher. „Bild“ wollte seinen Platz an ein türkisches Blatt abgeben – das Gericht meinte, das ginge nicht. Die ARD-Anstalten hatten schon im Januar eine Poolbildung angeboten und zwei Plätze gefordert. Vom Gericht kam nicht einmal eine Antwort mit der Folge, dass sich fünf ARD-Sender erfolgreich akkreditierten. Dann wurde diskutiert, ob Besucher und Journalisten ihre eroberten Plätze verlieren, wenn sie auf die Toilette müssen. Am Ende teilte die Pressestelle mit, dass sie gar keine Auskünfte mehr gibt.

Wie geht es nun weiter? Als ziemlich sicher kann gelten, dass bei der neuen Platzvergabe mit Kontingenten gearbeitet wird. Das bedeutet, dass verschiedene Töpfe gebildet werden, um eine angemessene Medienöffentlichkeit herzustellen. Es gäbe dann eine bestimmte Zahl von Plätzen für Nachrichtenagenturen, die deutsche Presse, Hörfunk und Fernsehen, türkische und andere ausländische Medien. Offenbar sah sich der Richter Götzl zuvor außerstande, solche Kontingente zu bilden, da ihm die Aufteilung dem Vernehmen nach zu kompliziert gewesen sein soll.

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