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Betancourt

© AFP

Befreite Betancourt berichtet: "Es war surreal, wie im Film"

Die Befreiung der kolumbianischen Politikerin Ingrid Betancourt aus der Gewalt der Farc-Guerilla bietet reichlich Stoff für einen Thriller. Undercover-Agenten schleusten sich in die Führungsebene der Rebellen ein und holten Betancourt und die 14 Mitgefangenen mit dem Hubschrauber aus einem Farc-Lager in den Tiefen des kolumbianischen Dschungels.

Die Befreiung der kolumbianischen Politikerin Ingrid Betancourt aus der Gewalt der Farc-Guerilla bietet reichlich Stoff für einen Thriller. Undercover-Agenten schleusten sich in die Führungsebene der Rebellen ein und holten Betancourt und die 14 Mitgefangenen mit dem Hubschrauber aus einem Farc-Lager in den Tiefen des kolumbianischen Dschungels - allein mit List und ohne Blutvergießen. Die ganze Welt spricht von einer "perfekten, tollen Militäraktion".

"Die Bedingungen unserer Freilassung waren surreal", berichtete Betancourt nach ihrer Ankunft auf dem Flughafen von Bogotá. Und der kolumbianische Verteidigungsminister Juan Manuel Santos sagte tief beeindruckt von seinen eigenen Leuten: "Es war wie im Film."

Am Tag der Befreiung seien sie und die anderen Geiseln bereits um fünf Uhr wach gewesen, erzählte die französisch-kolumbianische Grünen-Politikerin. Die Aufpasser der Farc hätten ihnen befohlen, ihre Sachen zusammenzupacken und sie dann stundenlang warten lassen. Laut Santos hatte ein Undercover-Agent den Guerilleros vor Ort vorgegaukelt, der neue Farc-Chef Alfonso Cano wolle die 15 Geiseln treffen und habe befohlen, sie in den Süden des Landes zu bringen.

"Normalerweise sind wir weggerannt"

Eine Stunde vor Beginn der Aktion erfuhr Betancourt von einem Farc-Kommandeur, dass sie und die anderen Geiseln mit dem Hubschrauber zu Cano gebracht werden sollten. Als zwei weiße Helikopter sich näherten, habe sie plötzlich ein merkwürdiges Gefühl gehabt. "Normalerweise sind wir immer weggerannt und haben uns versteckt, wenn Hubschrauber kamen, aber diesmal waren sie vor uns und wir haben ruhig gewartet, bis sie landeten", berichtete die 46-Jährige.

Nach kolumbianischen Militärangaben flog einer der beiden Helikopter umgehend wieder ab, während der andere die Geiseln - neben Betancourt drei Mitarbeiter des US-Verteidigungsministeriums und elf kolumbianische Soldaten - aufnahm. Von einer Befreiungsaktion war da nach den Schilderungen Betancourts noch nichts zu spüren. Die Männer an Bord hätten ausgesehen wie Farc-Mitglieder, "einige trugen sogar Hemden mit dem Porträt von Ché-Guevara".

"Sie haben uns die Füße gefesselt"

"Wir sind an Bord gegangen, aber es war schwierig, weil wir gefesselte Hände hatten, das war erniedrigend, und drinnen haben sie uns die Füße gefesselt", berichtete die Ex-Geisel, die mehr als sechs Jahre in der Gewalt der Farc war. "Sie haben dann die Türen geschlossen, und plötzlich sah ich den Farc-Kommandeur nackt am Boden liegen." Sie habe in dem Moment "nicht einmal Glück empfunden", sagte Betancourt - obwohl der Mann sie während der Gefangenschaft mehrfach gedemütigt habe.

"Nachdem sie die beiden Farc-Kommandeure, die mit uns an Bord gegangen waren, unschädlich gemacht hatten, rief der Anführer des Einsatzes: 'Wir sind von der nationalen Armee. Sie sind frei!'", berichtete Betancourt. "In dem Moment haben wir gelacht, sind vor Freude in die Luft gesprungen." Der Helikopter habe daraufhin etwas an Höhe verloren.

Betancourt sprach von einer "perfekten" Militäraktion und Kolumbiens Präsident Alvaro Uribe sagte gar, die Operation sei "vergleichbar mit den größten epischsten Heldenepen unserer Zeit".

Hut ab

Experten zufolge zeigt die gelungene Befreiungsaktion, wie hoch entwickelt die kolumbianische Armee und der Geheimdienst sind. "Hut ab", sagte ein französischer Geheimdienstvertreter am Donnerstag über die "tolle Operation". Es sei vermutlich nicht einfach gewesen, in den normalerweise sehr misstrauischen obersten Zirkel der Rebellengruppe vorzudringen. Zugleich zeige der Einsatz auch, wie geschwächt die Farc sei.

Dem Experten Guillaume Belan zufolge erntet Uribe, der seit seinem Amtsantritt 2002 auf eine Stärkung der Spezialkräfte im Kampf gegen die Rebellen setzte, mit dem Erfolg die Früchte dieser Strategie. Derzeit verfüge die Armee über 12.000 Spezialkräfte. Diese seien "gut ausgerüstet, gut ausgebildet und sehr motiviert", sagte seinerseits Geheimdienstexperte Eric Denecé. "Die kolumbianische Armee ist keine Dritte-Welt-Armee."

Jean-Luc Porte[AFP]

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